Vera Molnár, die Grande Dame der Computerkunst
Bis zum 14. April 2024 zeigt das Ludwig Múzeum in Budapest noch die eindrucksvolle, von Richard Castelli und Zsófia Máté kuratierte Ausstellung À la Recherche de Vera Molnár.
Die ungarisch-französische Medienkünstlerin Vera Molnár, die als Pionierin der Computerkunst gilt, wurde 1924 in Budapest geboren, studierte dort Malerei an der Akademie der Bildenden Künste und ging 1947 gemeinsam mit ihrem Mann, Ferenc Molnár, mit einem eigentlich nur für eine Woche ausgestellten Visum nach Paris – wo sie zeitlebens blieben. 1968 schuf Vera Molnár hier inmitten einer männlich dominierten Welt der Mathematik und Informationstheorie, ihr erstes Werk mit einem Computer und entwickelte von da an ihre experimentelle Bildsprache immer weiter. Ihr systematisches Bild-Denken stand u.a. den musikalischen Kompositionen ihres Zeitgenossen Michel Philippot nahe, von dem sie auch den Begriff der „machine imaginaire“ übernahm und sie begann zunächst mit ganz einfachen Algorithmen zu experimentieren. In den 1970er Jahren hat sie gemeinsam mit ihrem Mann das sog. „Molnart“-System entwickelt, ein Programm, das den Computer als künstlerisches Werkzeug für ihre Bildsprache nutzbar machte. Molnars Arbeiten basieren auf programmierten Algorithmen und geometrischen Grundformen, die sie erweiterte und variierte. So entstanden serielle Arbeiten, die aus winzigen Veränderungen resultieren, welche die Künstlerin “1% Unordnung” nannte. Sie integrierte dabei den vom Computer generierten Zufall in ihr Werk, ließ die Maschine jedoch nie bestimmend werden. Strichstärke, die Abfolge von Strukturen oder Farbwerte unterlagen immer ihrer Steuerung. Auch über die Hommage an Künstler-Kolleg*innen begann sie (serielle) Variationen, indem sie deren Werk in ihre eigene Bildsprache übersetzte, Bezüge herstellte und Veränderungen vornahm, sie interpretierte und variierte und dadurch gleichzeitig eine Analyse künstlerischen Denkens in Gang setze.
So ist es nur folgerichtig, dass das Múzeum Ludwig die Ausstellung der nur wenige Tage vor ihrem 100sten Geburtstag verstorbenen Künstlerin zum Anlass nimmt, sie in einem zweiten Teil als eine Hommage an sie zu präsentieren. À la Recherche de Vera Molnár zeigt eine Auswahl ihrer Arbeiten in Gegenüberstellung mit Werken von Künstler*innen, die in ihrem Schaffen wiederum von ihr beeinflusst sind, das reicht von dem digitalen Bild-Schriftzug „Thou shalt not make a machine in the likeness of a human mind“ des Künstlers Arno Beck, der sowohl formal als auch inhaltlich auf Molnars Arbeiten bezugnimmt bis zu raumgreifenden Installationen wie „asking a shadow to dance“ von u2p050, welche die Faszination von der Umsetzung mathematischer Protokolle, mit denen Molnàr experimentierte dreidimesional umsetzte.
(Ann-Katrin Günzel)
Die Ausstellung wird ab dem 28. August in Linz im Francisco Carolinum zu sehen sein.
Dazu in Band 284 erschienen: