US-Supreme Court sieht Urheberrechtsverstoß in Warhol-Porträt

22. Mai 2023 · Kulturpolitik

Der Supreme Court, das Oberste Gericht der USA, entschied in einem Urheberrechtsstreit, dass der Pop Art-Künstler Andy Warhol (1928-1987) mit einem Porträt des Musikers Prince die Urheberrechte einer Fotografin verletzt hatte.

Für seine Porträts machte Warhol oft Polaroidfotos, die er dann in Siebdrucktechnik übertrug; oft benutzte er aber auch Vorlagen aus den Medien oder der Alltagskultur. In diesem Falle hatte die Fotografin Lynn Goldsmith den Musiker 1981 für das Magazin „Newsweek“ aufgenommen. Warhol nahm dieses Foto als Vorlage für 16 Bilder einer Porträtserie; 1984 wurde sein Bild im Magazin „Vanity Fair“ abgedruckt. Goldsmith wurde erst durch einen späteren Nachdruck nach dem Tod von Prince 2016 darauf aufmerksam. Die Warhol-Stiftung scheiterte nun in dem Gerichtsverfahren mit ihrer Argumentation, die „Fair Use“-Doktrin ließe die Wiederverwendung des Kunstwerks ohne Erlaubnis der Urheberin zu, wenn dadurch ein eigenständiges neues Kunstwerk entstünde. Doch dies verneinte das Gericht, denn Warhol habe mit seinem Bild „nichts grundlegend anderes und Neues“ geschaffen. Von den neun Mitgliedern des Gerichts folgten sieben der Argumentation von Richterin Sonia Sotomayor, ein Urteil zugunsten der Warhol-Stiftung hätte den Urheberrechtsschutz ausgehöhlt, denn dann könnte ja jeder mit nur geringfügigen Änderungen sich ein fremdes Werk aneignen und unter eigenem Namen verwerten. Die Richterin Elena Kagan und ihr Kollege John Roberts hingegen vertraten die Minderheitsmeinung, dieses Urteil würde jegliche Kreativität ersticken. In Deutschland hatte 1995/96 das Oberlandesgericht Hamburg in einem Rechtsstreit zwischen dem Fotografen Helmut Newton und dem Maler George Pusenkoff geurteilt, letztere habe bei der Verwendung eines Aktbildes von Newton „ein eigenständiges neues Werk geschaffen…Angesichts der Eigenart dieses neuen Werks verblassen die entlehnten eigenpersönlichen Züge“ des Newton-Fotos „so sehr, dass in jedem Fall eine freie Benutzung vorliegt“. Anders als bei der Appropriation Art, bei der bisweilen vorhandene Werke als exakte, detailgetreue Kopie übernommen werden, kommt es also in den hier erwähnten Fällen auf eine eigenschöpferische Leistung an, durch die sich Vorlage und Angeeignetes voneinander unterscheiden lassen. In den Warhol-Porträts geschieht dies oft durch farbliche Übermalung und damit Verfremdung der Fotografie, doch beim Streit um das Bild „Orange Prince“ folgte der Supreme Court mit 7:2 Stimmen dem nicht. Die Mehrheit in dem Gremium erklärte, das Urteil werde die Kunstwelt nicht ärmer machen, wenn die Warhol-Stiftung die Fotografin finanziell an der Verwertung ihrer urheberrechtlich geschützter Werke beteilige.

Dazu in Band 92 erschienen:


WEITERE NACHRICHTEN

DAS KÖNNTE SIE AUCH INTERESSIEREN
KUNSTFORUM Probe lesen

„KUNSTFORUM ist ein Magazin, das so gut wie jedes Thema, das wichtig ist, beackert hat, und es ist so umfangreich, dass ich manchmal noch einmal in Heften von vor zehn Jahren schaue, und nicht selten erweist sich Kunstforum als eine Fundgrube…“ – Kasper König

Jetzt nur noch kurz bestätigen...

Wir freuen uns über Ihr Interesse am KUNSTFORUM Newsletter! Sie haben nun eine E-Mail an die von Ihnen angegebene Adresse bekommen, bitte bestätigen Sie Ihre Anmeldung über den Link!

OK
BIENNALE
GUIDE 2024
JETZT
BESTELLEN