Pommesgabel-Sortieraktion

9. Februar 2017 · Aktionen & Projekte

Das Ruhrgebiet gilt als eine Wiege der deutschen Imbisskultur – Wurststände und Schaschlikbuden boten den Arbeitern, denen keine Betriebskantine zur Verfügung stand, einst eine preiswerte Pausenverpflegung. In den 1950er Jahren hielt auch die frittierte Kartoffel Einzug in die Schnellrestaurants, und mit den „Gastarbeitern“, wie man die Arbeitsmigranten damals nannte, kamen seit den 1960er Jahren Pizza, Gyros und Döner hinzu. Dass heute bei uns viele griechische Lokale „Taverne Zeus“ oder „Diogenes-Grill“ heißen, inspirierte den Bochumer Künstler Matthias Schamp dazu, den kulturhistorischen Querverbindungen zwischen der Antike und der heutigen Frittenbudengastronomie nachzuspüren. „Mythos Grill“ nennt sich das Projekt, das der Künstler als „Pommesbude und alltagsarchäologische Spielstätte zugleich“ definiert. Zur Wiedereröffnung des Antikensaals im Ostflügel der Mannheimer Universität führt Matthias Schamp dort am Mittwoch, 15. Februar 2017 „in Zusammenarbeit mit dem Historischen Institut der Universität Mannheim eine Pommesgabel-Sortieraktion durch. In angemessen kontemplativer Weise“ untersuchen die Sortierer „damit das Verhältnis von vereinzelten Teilen zu einem imaginären Ganzen“. Nun gilt Mannheim mit seiner gesichtslosen Nachkriegsarchitektur für viele als das „Bielefeld des deutschen Südwestens“, doch dieses Bild bedarf einer Korrektur, und so begreift Schamp seine Aktion ausdrücklich als eine „Huldigung“ an die Stadt: „Mannheim als Ort der Antikenrezeption wird dadurch gestärkt und sein klassisches Erbe ingeniös bereichert.“ Als „bester Grieche“ Mannheims wird in einem Internet-Portal das „Restaurant Akropolis“ bewertet; einen „Apollon Grill“ gibt es dort natürlich auch, und dabei erweist sich Mannheim als eine Stadt, in der die Souvlaki-Spieße als kulinarisches Erbe der Antike mit einer regionalen Spezialität konkurrieren, nämlich der „Mettwurst zum Rohessen“, die in Mannheims Metzgereien aber als „Bratwürstle“ angeboten wird. Wer sich erkundigt, warum die so heißt, bekommt als Antwort: „Die kann man auch braten“.


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