Panorama – Procida, Italien
63 italienische Galerist*innen inklusiv Antiquitätenhandel schlossen sich letztes Jahr zu der Initiative ITALICS zusammen. Ihr Ziel: eine (Wieder-)Belebung der italienischen Kulturszene. Einmal im Jahr wird es ein gemeinsames Ausstellungsprojekt geben. Zum Auftakt lud Italics zu einem dreitägigen Kunstfestival auf die italienische Insel Procida. Nahe Neapel neben Ischia und Capri gelegen, ist die nur 4,1 Quadratmeter große, dicht besiedelte Insel kaum als Touristenort bekannt – die bunt bemalten Häuser im Hafen als Postkartenmotiv dafür weltberühmt. Am ersten Septemberwochenende fand hier „Panorama“ statt, Werke von 50 Künstler*innen sind auf 20 teils spektakuläre Orte quer über die Insel verteilt. Manche stehen prominent auf Plätzen wie Guiseppe Penones „Equivalenze“ oder Nicola Samoris beklemmende Figur „Artaud“. Anderes fügt sich in herausfordernde Kontexte ein wie Giulia Cencis „pissing figures“, die man nur durch ein Guckloch im schweren Eisentor vor dem ehemaligen Gefängnis erspähen kann. Oder Mimmo Paladinos Figur, die hinter dem Eisengittertor wie ein Wächter verlorener Zeiten im Hof des verfallenden Palazzo d´Avalos steht. Eine fast magische Schönheit erhalten die auf Tücher gedruckten Bilder von Francesco Simeti, die auf den Wäscheleinen in einem Innenhof hängen. Rundherum die farbenkräftigen Fassaden, bunte Geländer, Madonnenfiguren, Fahrräder, Wäsche – Architektur und Kunst verschmelzen. Zu einem sakrale Werk wird Lucio Fontanas grünem Oval von 1963 in der Cappella S. Maria Regina della Purita, kontrastiert durch Guilio Paolinis bizarre Deckenskulptur „Il cielo e dintorni“ (1988) – selten haben die Kontexte unsere Wahrnehmung der Werke derartig intensiv geprägt wie in dieser inselweiten Ausstellung. (SBV)