Offener Brief an Documenta-Aufsichtsrat
130 Museumsdirektoren, Kuratoren, Professoren und Künstler unterzeichneten einen Offenen Brief an den Documenta-Aufsichtsrat. Sie befürchten, die Politik nähme das aktuelle Defizit „zum Anlass“ einer „Umstrukturierung der documenta im Sinne einer reinen Kommerzialisierung und Vermarktung der Marke documenta“. Dieselben Politiker hätten jedoch sich „außer Stande“ gesehen, „auf die Entgleisungen der AfD zu reagieren, die ein Kunstwerk von Olu Oguibe als ‘entstellte Kunst’ bezeichneten und damit eindeutig auf faschistische Terminologien zurückgriff.“ Eine „Schuldzuweisung für das Defizit an der d 14 an“ die Geschäftsführerin „Annette Kulenkampff“ halten die Unterzeichner für „schlicht falsch“ und fordern, der Aufsichtsrat möge ihre „Fortbeschäftigung beschließen“. Außerdem fordern sie, den Status der Veranstaltung als gemeinnützige GmbH beizubehalten und einen internationalen Expertenbeirat zu berufen, und zudem das Budget an „die Anforderung eines globalen, weltweit wirksamen Kunstereignisses“ anzupassen. In einem Kommentar in der HNA-Hessisch Niedersächsischen Allgemeinen bezieht der Kulturredakteur Mark-Christian von Busse dazu eine Gegenposition: für eine Befürchtung der Einschränkung künstlerischer Freiheit „gibt es derzeit keinen Anlass“. Roman Soukup, der 1994/95 Documenta-Geschäftsführer war, plädiert hingegen für die Gründung einer Stiftung, mit „einer integren Person an der Spitze…, die das Vertrauen der Künstler und der Politiker hat.“ Dafür solle dann der Aufsichtsrat zurück treten, womit sich die Politiker „eine Menge Ärger“ ersparten. Eine Ausweitung auf andere Städte hält Soukup für gefährlich: „Stellen wir uns doch mal vor, Berlin würde jetzt plötzlich Co-Standort. Und am Ende heißt es: Wenn die documenta schon mal da war, können wir sie auch irgendwann ganz dort machen. Das wäre das Ende. Nein: Die documenta gehört nach Kassel. Fertig. Sollen sie woanders doch etwas eigenes machen.“ www.documenta.de
Dazu in Band 248/249 erschienen: