Naumburg: Cranach-Triegel-Altar abgebaut

20. Dezember 2022 · Aktionen & Projekte

Ein halbes Jahr nach seiner Neueinweihung wurde der Lucas Cranach-Altar im Westchor des Naumburger Domes im Dezember 2022 wieder abgebaut. Der Stein des Anstoßes: Der Leipziger Künstler Michael Triegel hatte im Auftrag der Vereinigten Domstifter von Merseburg, Naumburg und des Kollegialstifts Zeitz in altmeisterlicher Manier den Mittelteil ergänzt, der 1541 in der Zeit des Bildersturms zerstört wurde. Dass Triegel zwar in stilistischer Anlehnung an die Renaissance-Malerei, ikonografisch aber in freier Interpretation die Altartafel gestaltete, wobei z.B. der Hl. Petrus rechts oben im Bild eine moderne rote Baseballkappe trägt, neben ihm ein Rabbi platziert ist, und links oben hinter der Madonna der Theologe und von den Nazis 1945 hingerichtete Dietrich Bonhoeffer in grau-fliederfarbenem Hemd zu sehen ist, missfiel manchen Fachleuten: das Werk sei zu modern geraten, die Figuren der Stifter in der Sichtachse seien verdeckt, im Westchor habe auch nie ein Altar gestanden, und wenn doch, dann nicht der von Cranach, und wegen eines solchen Eingriffs in ein Denkmal sei sogar der UNESCO-Welterbe-Status des Naumburger Domes gefährdet. Während die Vereinigten Domstifter sich von dem Vorhaben erhofften, „die spirituelle Anziehungskraft des Naumburger Doms zu erhöhen“, drängten laut Deutscher Welle der „Weltdenkmalrat ICOMOS und auch die Landesregierung von Sachsen-Anhalt… darauf, das Altarbild rasch an anderer Stelle… aufzustellen.“ Es befindet sich derzeit bis Juni 2023 im Diözsanmuseum Paderborn, soll dann an anderen Stationen gezeigt werden und erst 2025 nach Naumburg zurück kehren. Spätestens dann wird die Diskussion über eine endgültige Aufstellung wieder aufflammen. Ein Sprecher von ICOMOS stellte klar, man habe Naumburg keineswegs mit einer Aberkennung des Welterbestatus gedroht und werde auch vorerst keine Entscheidung treffen, gleichwohl werde durch die Aufstellung des Altars im Westchor der „universelle Wert des Domes… erheblich gestört“. In Köln z.B. hofft man schon seit zehn Jahren, dass die nach 1945 wieder aufgebauten romanischen Kirchen ebenfalls einen Welterbestatus bekommen. Dort gibt es allerdings moderne Glasfenster von Markus Lüpertz in St. Andreas und von Georg Meistermann in St. Gereon, an denen bislang aber keine Denkmalbehörde Anstoß nahm.

Dazu in Band 157 erschienen:


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