Move On

1964 konstatierte der kanadische Medientheoretiker Herbert Marshall McLuhan (1911-1980) in seinem Standardwerk „Understanding Media“ den ständigen Wandel der Medien. Seiner Theorie nach lösen sogenannte heiße und kalte Medien einander ab: McLuhan prophezeite eine Ablösung der Schriftkultur durch die elektronischen Medien – für McLuhan eine Vertreibung des „integralen und taktilen Stammesmenschen“ mit seinem Weltbild, das auf einer „mythischen Ganzheit“ fußt. Heiße Medien wie die Fotografie, den Kinofilm und den Hörfunk definiert er als detailreich: sie liefern zwar viele unterschiedliche Daten, sprechen jedoch hauptsächlich einen Sinn an und haben deswegen eine geringe Aufmerksamkeitsspanne: das Radio dudelt oft beim Essen oder im Büro im Hintergrund. Kalte Medien wie die Karikatur oder das Fernsehen hingegen verknappen die Information, weswegen die Rezipienten dazu angeregt werden, in multisensorischer Weise die Botschaften zu ergänzen, um einen Witz zu verstehen oder um mit einem speziellen Hintergrundwissen Nachrichtensendungen im TV analytisch beurteilen zu können. Die Anwendung dieser Theorie auf das Internet halten heutige Medientheoretiker für problematisch, obwohl McLuhan Informationsträger wie die DVD oder das Kommunikationsverhalten heutiger Smartphone-Besitzer vorausgesehen hat. Das Werkleitz-Festival „move ON“ beschäftigt sich vom 9. bis zum 25. Oktober 2015 in Halle/Saale in einer Ausstellung und in einer Konferenz mit den Fragen: „Welche Strategien der Gegenöffentlichkeit entstehen im Web 3.0? Wie nutzen Künstler die neuen Technologien? Was sind die Antworten der Fernsehanstalten auf YouTube & Co?“ Zum Auftakt versucht der amerikansaiche Medienexperte Baruch Giottlieb, in einer spiritistischen Séance mit McLuhan in Kontakt zu treten. Anschließend referiert Derrick de Kerckhove, der alsMcLuhan-Nachfolger gilt, über die Medienevolution. „Transformationsprozesse des Bewegtbildes durch das Internet“ und vor allem das Videoportal „Youtube“ stehen während des Festivals im Mittelpunkt der Auseinandersetzungen. Mit von der Partie sind auch konventionelle staatlich geförderte Sender wie der MDR-Mitteldeutsche Rundfunk und ARTE, die bei „move ON“ ihre „Antworten auf die Herausforderungen des digitalen Zeitalters“ präsentieren, und die Künstlerinitiative EMARE mit diversen Beiträgen. www.werkleitz.de