Mainz: Mythen des Postfaktischen
2016 wählte die Gesellschaft für deutsche Sprache den Begriff „postfaktisch“ zum Wort des Jahres, das Oxford English Dictionary erklärte gleichfalls die englische Entsprechung „post-thruth“ zum „Internationalen Wort des Jahres 2016“. Die als „postfaktisch“ bezeichnete Gegenwart wird von digitalen Netzwerktechnologien geprägt, in denen die bloße Meinung oder Behauptung nicht mehr empirisch belegt wird – Politiker, die in Talkshows statistische Zahlen diskutieren, werden gar einer langweiligen “Faktenhuberei” bezichtigt. Die Anonymität mancher Internetforen begünstigt die Lust an übler Nachrede und Verleumdungen, die sonst strafrechtlich geahndet würden. Doch im Netz werden oftmals allein schon durch die bloße Behauptung angebliche Fakten “geschaffen, indem Informationen im Netz zirkulieren und akkumuliert werden. Das Abgleichen mit der Realität gerät dabei ins Hintertreffen. Es entstehen politisch brisante Situationen, in denen ‘gefühlte’ Wahrheiten offenbar relevanter werden als Realitäten. Das Konstatieren einer ‘postfaktischen Gegenwart’ setzt jedoch den Glauben an eine faktische Vergangenheit voraus. Dabei war es eine der Errungenschaften der postmodernen Philosophie, den Konstruktionscharakter von Wahrheit aufzuzeigen und das vermeintlich Faktische als diskursiv darzustellen.” Ein Workshop an der Kunsthochschule Mainz diskutiert am 9. und 10. Juni 2017, “wie die heutzutage als problematisch eingestufte ‘postfaktische’ (politische) Kultur in diesem Spannungsfeld theoretisch und historisch zu verorten ist und ob und wie sie die gegenwärtige Kunst und visuelle Kultur beeinflusst. Anmeldungen unter postfaktisch.mainz@gmail.com