Kunstaktion contra Ehrenmal
Der Generaloberst Alfred Jodl war im Zweiten Weltkrieg Chef des Wehrmachtsführungsstabs; er wurde vom Nürnberger Kriegsverbrechertribunal zum Tode verurteilt und 1946 hingerichtet. Seine Asche verstreute man in der Isar. Im Familiengrab auf der Fraueninsel im Chiemsee sind nur seine beiden Ehefrauen begraben, gleichwohl steht zwischen deren Grabsteinen seit Jahrzehnten ein Ehrenkreuz für Jodl – „ohne Kommentar oder historische Einordnung“, wie die Süddeutsche Zeitung monierte. Darüber ärgert sich schon seit langen der Inselbewohner Georg Wieland: Immerhin hatte Jodl damals Hitlers Befehl unterschrieben, die eingekesselten Bewohner von Leningrad verhungern zu lassen. Der Münchener Aktionskünstler Wolfram P. Kastner und der Rechtsanwalt Jürgen Arnold brachten dort eine Protesttafel an, beschriftet mit „Keine Ehre dem Kriegsverbrecher!“ Einen Antrag Kastners auf Entfernung des Grabkreuzes lehnte der Bayerische Landtag ab, und die Gemeinde am Chiemsee erstattete gegen Kastner und Arnold Strafanzeige „wegen Sachbeschädigung und Verstoßes gegen die Friedhofssatzung“. Immerhin ließ der Bürgermeister das Jodl-Kreuz zwischenzeitlich mit einem übergestülpten Müllsack verhüllen. Doch der Streit um das Ehrenmal ging weiter. Wolfram Kastner: „Nach unserer Beschriftung des Ehrenkreuzes für den NaziGeneral Jodl auf der Fraueninsel im Chiemsee mit dem Wort ‘Kriegsverbrecher’ und einer gut sichtbaren Blutspur“ marschierte ein NPD-Trupp auf „und putzte die Farbe weg“. Der Besitzer der Grabstätte erreichte den Erlass einer Einstweiligen Verfügung, die weitere künstlerische Attacken mit empfindlicher Strafe bedroht. Kastner: „Wir haben Widerspruch eingelegt und den Richter als befangen abgelehnt, u.a. weil er das Ehrenkreuz ohne sterbliche Überreste als Grabmal bezeichnet.” 2018 dürfte das Jodl-Gedenkkreuz wahrscheinlich so oder so abgeräumt werden – dann läuft das Nutzungsrecht für das Grab aus.