Kolonialismus und Raubkunst
Aus der Berliner Sammlung von Gerda Bassenge versteigerte das Auktionshaus Zemanek-Münster in Würzburg kürzlich eine Benin-Bronze, die eine Königinmutter darstellt. Experten bewerten dies als „heikel“, denn das Objekt ist einerseits als NS-Raubkunst erfasst, da es ursprünglich zur Sammlung von Rudolf Mosse gehörte, die 1934 zwangsversteigert wurde. Andererseits stellt sich die Frage, unter welchen Umständen in der Kolonialzeit solche Werke nach Europa gelangten. Manche auf völlig legalem Wege, manche aber auch durch Plünderung, z.B. als die britische Kolonialarmee 1897 von Nigeria aus eine Strafexpedition in das Königreich Benin durchführte, dabei ein Massaker anrichtete und aus einem Lagerhaus 2.000 Kunstobjekte an sich brachte. 600 von ihnen ersteigerte später Felix von Luschan für das Berliner Völkerkundemuseum. Im Falle des Würzburger Bronzekopfs ist nicht mehr zu klären, wann und wie Rudolf Mosse ihn seinerzeit erworben hatte. Im Hamburg hat das Museum für Kunst und Gewerbe seine drei Benin-Objekte als Raubkunst identifiziert. Theophilus Umogbai, Kurator des Museums von Benin City, plädiert für eine Rückgabe solcher Bronzen, doch die Eigentumsfrage ist rechtlich schwierig: Würden sie heute dem nigerianischen Staat gehören oder der heutigen nigerianischen Provinz Edo als Rechtsnachfolger des einstigen Königsreichs Benin (nicht zu verwechseln mit der benachbarten heutigen Republique de Bénin)? Oder dem jetzigen Gottkönig Erediauwa, d.h. dem legitimen Nachfolger des Gottkönigs Ovonramwen, der zur Zeit der britischen Plünderung das Land regierte?