Kassel: Faschismus-Symposion

25. November 2016 · Aktionen & Projekte

„Der Spiegel“ setzte nach dem Wahlsieg Donald Trumps unlängst „die gefährdete Demokratie“ auf den Titel, und mit Spannung schauen jetzt alle auf die Präsidentschaftswahlen im April 2017 in Frankreich, wo die rechtspopulistische „Front national“ mittlerweile zweitstärkste Partei ist. Anlass genug für das Kasseler Museum Fridericianum, am 17. Dezember 2017 ein Symposion zum Thema „A New Faschism?“  mit den Referenten Franco “Bifo” Berardi, Didier Eribon, Wilhelm Heitmeyer, Chantal Mouffe und G. M. Tamás abzuhalten. Als Vorform des historischen Faschismus gilt die 1898 gegründete Action française mit ihrer Mischung aus Nationalismus, Führerprinzip, Antisemitismus und Rassismus. In Deutschland waren in den 1920er Jahren u.a. vor allem die Ängste des Kleinbürgertums vor sozialem Abstieg durch die Verwerfungen von Inflation und und Weltwirtschaftskrise eine der Ursachen für die Erstarkung der radikalen Rechten. Den Rahmen für das Kasseler Symposion bildet die Ausstellung von Loretta Fahrenholz im „Fridericianum“ (bis 1. Januar 2017), in deren Mittelpunkt ihr Film „Two A.M.“ steht. Er nimmt Irmgard Keuns Roman „Nach Mitternacht“ als Ausgangspunkt, 1937 im Exil geschrieben mit einer Schilderung von „Angst, Kontrolle und Willkür“ im Alltag der Nazi-Zeit. Im Vergleich mit der Gegenwart ergeben sich „erschreckende Parallelen“ hinsichtlich eines entfesselten Turbo-Kapitalismus, der das Denken der Modernisierungsverlierer radikalisiert, hinsichtlich der Überwachungspraktiken, die für Nachrichtendienste wie für mediale Großkonzerne heute durch die vernetzten digitalen Medien technisch möglich sind, und hinsichtlich eines Rechtsrucks in vielen europäischen Ländern, bei dem die ideologischen Grenzen zwischen bürgerlichem Rechtskonservativismus und extremistischem Neo-Faschismus oftmals verschwimmen. Die Optik dieses „New Faschism“ prägt nicht mehr der Skinhead mit Springerstiefeln, sondern der Demagoge mit Schlips und Kragen: „Eines der zentralen Merkmale der neuen Rechten, vom ungarischen Ministerpräsidenten bis zu Marine Le Pen, ist, dass sie ihrem Selbstverständnis nach allesamt Demokraten sind“, ist in der Ankündigung zu dem Symposion nachzulesen. Weiter heißt es dort: „Man kann… in der Undurchsichtigkeit der europäischen Institutionen einen der Gründe für das Aufkommen neurechter Bewegungen in allen Ländern Europas markieren. Ebenso, wie man die mit Sicherheit in der nächsten Zeit nicht abnehmenden Migrations- und Fluchtbewegungen als einen weiteren Grund für das Erstarken der neuen Rechten und nationalen Parteien benennen kann. Dabei muss man mit Zeev Sternhell feststellen, dass die faschistische Mentalität seit ihrem Beginn zu Anfang des 20. Jahrhunderts nie verschwunden war. Faschistische Strömungen waren immer mehr oder weniger sichtbar vorhanden. Sie treten aktuell wieder sichtbar und in neuem Gewand auf. Der Faschismus hat sich neu erfunden, wie Alain Badiou bereits vor über zehn Jahren anmerkte. Er hat neue Formen angenommen, die man analysieren muss, und dazu reichen die alten Faschismustheorien nicht mehr aus.“ www.fridericianum.org


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