Karlsruhe: Kunst statt Werbung
In Karlsruhe baut man eine U-Bahn, und was Kunst am Bau angeht, so will man sich hier nicht mit einfallslosen Kachelungen der Bahnhöfe begnügen, die dann mit Werbetafeln überdeckt werden, wie dies andernorts zumeist der Fall ist. Jedenfalls stimmte der Gemeinderat darüber ab, anstatt dieser Werbetafeln lieber Kunst dort zu installieren. In den Nischen der unterirdischen Stationen sollen nach deren baulicher Fertigstellung großformatige Keramiktafeln von Markus Lüpertz angebracht werden. Die Karlsruher Grünen stimmten allerdings dagegen – sie bemängeln mangelnde Transparenz. Ihnen wäre die öffentliche Ausschreibung eines Kunst am Bau-Wettbewerbs lieber gewesen, wohingegen sich eine private Initiative um Anton Goll für das Lüpertz-Projekt stark macht und für dessen Realisierung Spenden sammeln will. Goll war früher Chef der Keramikmanufaktor Majolika und hat nach eigenen Angaben bereits Zusagen für eine halbe Million Euro – das wären etwa 50 Prozent der veranschlagten Kosten. Pikant: im Frühsommer 2017 hatte Lüpertz eine Ausstellung im ZKM-Karlsruhe (s. hierzu die Rezension von Hans-Dieter Fronz „Kunstforum“ Bd. 248, S. 571), und jetzt spricht sich ausgerechnet der ZKM-Direktor Peter Weibel gegen das U-Bahn-Projekt aus: Dass Markus Lüpertz auf sieben Haltestellen seine künstlerische Darstellung der Schöpfungsgeschichte („Genesis – die sieben Tage des Herren“) aufteilen will, empfindet Weibel indessen als „keramische Kirchenkunst“, die nicht in eine moderne IT-Metropole wie Karlsruhe passe. Der Karlsruhe OB Frank Mentrup (SPD) hingegen verspricht sich durch den Lüpertzschen Keramik-Zyklus einen „Imagegewinn für die Stadt“ und verpasste den Kritikern um Weibel und die Grünen eine rhetorische Retourkutsche: auch die vom ZKM veranstalteten sommerlichen Schlosslichtspiele seien nicht öffentlich ausgeschrieben worden. Tatsächlich ist es im Kunstbetrieb gang und gäbe, Kuratoren zu beauftragen, die dann die Künstler auswählen und einladen – auch die Kasseler „documenta“ ist kein Künstler-Wettbewerb.
Dazu in Band 248/249 erschienen: