HNA-Umfrage: Berliner Politik meidet Documenta bislang
Die Auseinandersetzung mit Kunst erfordert gemeinhin die Anschauung von Originalen, doch der Streit um die Documenta wird in erster Linie über die Medien ausgetragen. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte angekündigt, die Kasseler Weltkunstschau diesmal nicht besuchen zu wollen, und er ist nicht der einzige in der Politik, der Documenta-Abstinenz übt. Die HNA-Hessisch Niedersächsische Allgemeine führte eine Umfrage unter den Mitgliedern des Bundestagsausschusses für Kultur durch. Die Bilanz: „Politiker des Bundes haben die documenta scharf kritisiert. Besucht haben sie die Kunstausstellung in Kassel jedoch nicht – und wollen es auch nicht nachholen.“ Manche verweisen darauf, bisher hätten die Sitzungswochen mit vollem Terminkalender noch keinen Kassel-Trip ermöglicht. So will Anikó Merten (FDP) noch nach Kassel reisen, denn seit sie an der Braunschweiger Kunsthochschule studierte, sei ein Documenta-Besuch für sie „Pflichtprogramm“. Diesmal besucht sie die Ausstellung jedoch mit gemischten Gefühlen: „Alle ihre Teilnehmer werden die documenta beschädigt verlassen.“ Andere lehnen einen Documenta-Besuch strikt ab, wegen des Antisemitismus-Skandals. So zitiert die HNA die Grünen-Abgeordnete Marlene Schönberger: „Die antisemitischen Darstellungen und das Versagen der Verantwortlichen in Kassel haben mich letztlich von einem Besuch abrücken lassen“. Ins gleiche Horn stößt die CDU-Abgeordnete Gitta Connemann; sie spricht gar von einer „Antisemita“ und erklärt: „Mein Mann und ich hatten einen Besuch für August geplant. Wir sind beide Fans der documenta. Aber angesichts des Verhaltens der Organisatoren sehen wir jetzt davon ab.“ Immerhin: die Arbeitsgemeinschaft Kultur und Medien der SPD-Bundestagsfraktion hat für den 12./13. September 2022 einen Ausflug nach Kassel eingeplant.
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