Goethe-Institut: Streit um Diskussionsveranstaltung in Tel Aviv

14. November 2022 · Kulturpolitik

Nach massiven Protesten, u.a. durch das israelische Außenministerium und durch den israelischen Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, haben das Goethe Institut und die Rosa Luxemburg-Stiftung in Tel Aviv eine Veranstaltung mit dem Titel „Den Schmerz der Anderen begreifen. Holocaust, Nakba und deutsche Erinnerungskultur“ abgesagt und auf unbestimmte Zeit verschoben. „Nakba“ bezeichnet die Vertreibung von 700.000 Palästinensern 1947/48 durch jüdische Kämpfer. Dass eine solche Veranstaltung ausgerechnet am 9. November 2022, dem Jahrestag der Reichsprogromnacht 1938, stattfinden sollte, löste vielfache Empörung aus. Dani Dayan, Vorsitzender der Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem, sprach von einer „unerträglichen Verzerrung des Holocaust“; und auch Botschafter Prosor findet eine solche Verharmlosung der Shoa als „inakzeptabel und respektlos“. Eigentlich sollte bei der geplanten Veranstaltung die deutsche Journalistin Charlotte Wiedemann mit dem Politologen Bashir Bashir und dem Historiker und Holocaust-Forscher Amos Goldberg diskutieren. Doch der Titel der Veranstaltung suggeriert in den Augen mancher eine Gleichsetzung von Holocaust und Nakba, mithin eine Art „Opferkonkurrenz“. Für den Berliner „Tagesspiegel“ ist dies nun der „nächste erbitterte Streit“ nach den antisemitischen Bildwerken auf der jüngsten Kasseler documenta; das Blatt spricht von einem „nächsten Historikerstreit“. Beim ersten Historikerstreit in den 1980er Jahren ging es um die Frage, ob der Holocaust in seiner Ungeheuerlichkeit in der Geschichte so sehr ein einmaliges Ereignis sei, dass es sich verbiete, z.B. die stalinistischen GULAGs mit den Nazi-KZs zu vergleichen. Letztlich setzte sich die These von der Singularität der NS-Verbrechen durch, und diese vertritt auch das deutsche Auswärtige Amt heute noch in diesem aktuellen Konflikt: Diese Singularität dürfe „zu keinem Zeitpunkt infrage gestellt werden“.

Dazu in Band 283 erschienen:


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