„Entartete“ Kunst als Kulturerbe

1930 veröffentlichte der NSDAP-Politiker Wilhelm Frick als Minister für Inneres und Volksbildung in Thüringen den Erlass „Wider die Negerkultur für deutsches Volkstum“. Den Einfluss afrikanischer Plastik auf die Kunst der Kubisten und Expressionisten empfand er als „undeutsch“, und mit diesem Erlass diffamierte Frick die gesamte moderne Kunst als „entartet“. Diesen Begriff übernahmen die Nazis dann ab 1933 reichsweit als Richtschnur ihrer Kulturpolitik: die Museen durften fortan nur noch „deutsche Kunst“ ankaufen, und nach den Olympischen Spielen 1936 verstärkten die NS-Bonzen ihre Bemühungen um eine Entfernung dieser als „entartet“ und Ausdruck von „Kulturverfall“ verhöhnten Kunst aus den Museen und aus Galerieausstellungen, beschlagnahmten fortan auch Kunst aus jüdischem Privatbesitz. Ab Sommer 1937 wurden etwa 21.000 Kunstwerke konfisziert und in Depots verbracht. Etwa 5.000 wurden vernichtet und etwa 8.700 devisenbringend ins Ausland verkauft, von eigens dazu privilegierten Galeristen. In die zwielichtigen Kunstgeschäfte der Nazis war nicht nur der Kunsthändler Hildebrand Gurlitt verwickelt, wie man inzwischen weiß, sondern auch der Galerist Bernhard A. Böhmer. Er galt ebenso wie Gurlitt als eine höchst ambivalente Figur: mit seinen exzellenten Beziehungen zu den NS-Oberen konnte er es als Profiteur an der Raubkunst zum Millionär bringen, sich gleichzeitig aber auch erfolgreich für den Erhalt beschlagnahmter Arbeiten von Ernst Barlach einsetzen. Böhmer wählte 1945 den Freitod. Von seinem privaten Nachlass an Kunstwerken werden 613 Objekte im Kulturhistorischen Museum Rostock aufbewahrt. Sie bilden das bislang bekannte umfangreichste und geschlossene Konvolut an „entarteter“ Kunst in öffentlichem Kulturbesitz und daher wurden nun zehn Objekte aus der Sammlung in das nationale Kulturerbe aufgenommen.