Dresden: Monument

9. Februar 2017 · Aktionen & Projekte

Die Dresdner Frauenkirche und ihr Wiederaufbau gelten als Symbol für die verheerenden Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg, als Aufruf zur Versöhnung und als Mahnung, die Welt künftig friedlicher zu gestalten. Die Aufnahmen, die wir jeden Abend in den TV-Nachrichten von der hart umkämpften syrischen Stadt Aleppo zu sehen bekommen, vom verheerenden Ausmaß der Bombardements und von den Bewohnern, die dort unter Lebensgefahr durch die die Trümmerwüste hasten, um irgendwo einen Kanister Trinkwasser abzuholen, erinnern an das fürchterliche Chaos in den letzten Kriegstagen 1945 in unseren Städten. So ist der Platz an der Dresdner Frauenkirche ein angemessener Ort, um dort eine Skulptur als temporäres Mahnmal zu errichten, auch als eine Erinnerung an den 13. Februar 1945, als in Dresden bis zu 25.000 Menschen bei einem Bombenangriff getötet wurden, vor allem aber als eine Beklagung des Leids, das aktuell die Zivilbevölkerung im syrischen Bürgerkrieg seit Jahren ertragen muss. „Monument“ nennt der Künstler Manaf Halbouni die drei hochkant aufgestellten Busse vor der Kathedrale. Inspiriert hat ihn dazu eine Barrikade, die vor zwei Jahren während der Angriffe auf Aleppo solchermaßen mit Bussen errichtet wurde. Vorgeschlagen hatten dieses Projekt diverse Dresdner Kunstinitiativen; der Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) segnete es ab, weil er darin „ein Zeichen der Hoffnung“ sieht, doch als Hilbert in seiner Ansprache verkündete, Dresden sei „keine unschuldige Stadt“ gewesen, wurde er dafür aus rechten Kreisen massiv angegriffen: „Vor dem Haus, in dem Hilbert mit Frau und kleinem Sohn lebt, patrouillieren gerade rund um die Uhr Polizisten. Eine Vorsichtsmaßnahme, denn der Politiker wurde Zielscheibe von Hetze und Morddrohungen“, berichtete „Die ZEIT“. Als in den sozialen Medien „Mutmaßungen“ kursierten, „die Barrikade aus Bussen in Aleppo sei von einer Rebellenorganisation errichtet worden“, sah sich das Kunsthaus Dresden zu einer Stellungnahme veranlasst: „Manaf Halbounis Collage zum Monument von 2015 basiert auf einem im gleichen Jahr in der englischen Zeitung The Guardian erschienenen Bild der amerikanischen Nachrichtenagentur AFP… Weitere Vorarbeiten von Manaf Halbouni zum temporären Mahnmal basieren auf Bildern und Kontakten mit dem syrischen Fotografen Nizam Najar. Dieser arbeitete 2016 in Aleppo und stellte verschiedene Aufnahmen von dieser Barrikade sowie weiteren Schutzmaßnahmen für die Zivilbevölkerung zur Verfügung… Verschiedene Quellen bestätigen, dass die Barrikade zum Schutz der Zivilbevölkerung errichtet wurde.“ Dass auf einem Foto in den sozialen Medien indessen eine Fahne der Organisation Ahrar-al-Scham zu sehen ist, hält der Künstler Halbouni nicht für ungewöhnlich: „Es ist nicht auszuschließen, dass die Barrikade im Kriegsverlauf von verschiedenen Parteien in Anspruch genommen wurde. In der Situation dieses Krieges, unter der die Zivilbevölkerung leidet, gibt es viele Seiten. Mir geht es nicht um die Akteure, von denen die brutale Gewalt dieses Krieges ausgeht, sondern um das Leiden der Menschen in dieser Situation.“ Auch Christiane Mennicke-Schwarz vom Kunsthaus Dresden betont, das Kunstwerk bedeute keine Parteinahme: „Es ist nicht die Intention des Kunstwerkes auf die komplexe Situation der unterschiedlichen Parteien dieses Krieges Bezug zu nehmen. Das Monument zeigt einen Ausschnitt aus dieser menschenunwürdigen Situation und ist ein Mahnmal gegen Krieg und Gewalt in jeglicher Form – auch gegen die Gewalt von Terroristen.“ Die Installation soll bis zum 3. April 2017 dort an der Frauenkirche stehen bleiben.  


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