documenta-Streit: Findungskommission unterstützt ruangrupa

15. September 2022 · Kulturpolitik

Im jüngsten Gezänk um antisemitische Inhalte im d 15-Programm und Forderungen nach Entfernung eines Filmbeitrags meldete sich nun auch die documenta-Findungskommission mit Amar Kanwar, Charles Esche, Elvira Dyangani Ose, Frances Morris, Gabi Ngcobo, Jochen Volz, Philippe Pirotte sowie Ute Meta Bauer zu Wort und erklärte „ihre Unterstützung für die jüngste Stellungnahme von ruangrupa…“ In der Stellungnahme der Findungskomission heißt es: „Wir lehnen Antisemitismus ebenso ab wie dessen derzeitige Instrumentalisierung, die der Abwehr von Kritik am Staat Israel und seiner derzeitigen Besetzungspolitik palästinensischer Gebiete dient. Gleichzeitig begrüßen wir den Pluralismus der documenta fifteen und die Möglichkeit, erstmals eine solche Vielfalt künstlerischer Stimmen aus der gesamten Welt zu hören.“ Das Statement endet mit einem Appell an den documenta-Aufsichtsrat, er möge sicher stellen, „dass die documenta fifteen bis zum geplanten Ende der Ausstellung vollumfänglich geöffnet bleiben kann. Dies nicht zu tun und sich damit politischer Einflussnahme zu beugen, wäre ein historisches Versäumnis.“ Doch für die letzten zehn documenta-Tage scheint eine Deeskalation in der Debatte kaum noch möglich zu sein. Uwe Becker, der Antisemitismus-Beauftragte des Landes Hessen, wirft den d 15-Verantwortlichen „blindwütiges Handeln“ vor: „Ich empfinde es.. als unerträglich, wenn die Feststellungen des Expertenrates von der künstlerischen Leitung der Documenta als rassistisch diffamiert werden und man als Reaktion sogar noch weitere antisemitische Motive zulässt.“ Dass indessen die Findungskommission sich hinter ruangrupa stellt, ist nachvollziehbar – müsste dieses Gremium sich ansonsten doch eingestehen, dass die Kür des indonesischen Kollektivs als d 15-Leitungsteam eine Fehlentscheidung war, wenn am Ende der 100 documenta-Tage bei den Beteiligten nur Wut und Verbitterung übrig bleiben. „Von der Idee, die Kunst könne ein Ort der interkulturellen Annäherung sein, bleibt nach dieser Documenta nicht sonderlich viel übrig“, bilanziert Hanno Rauterberg in „Zeitonline“. Rauterberg wirft dem kuratorischen Team ruangrupa eine „gewisse Wurschtigkeit“ vor: „Wer die Kunst primär als Kampfmittel begreift, muss sich schließlich für semantische Feinheiten nicht interessieren… Statt sich umsichtig der Kritik zu öffnen, schrieb man barsche Erklärungen. Statt auf jüdische Verletzungserfahrungen zu hören, verteufelte man Israel. Und verriet damit das Kernanliegen der Documenta: die Werte der Anteilnahme und Verständigung. Was bleibt, ist eine Diskurslandschaft in Trümmern…“

Dazu in Band 283 erschienen:


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