Debatte um Documenta und NS-Vergangenheit
Arnold Bode (1990-1977), seit 1929 SPD-Mitglied, musste wegen seiner politischen Überzeugung am 1. Mai 1933 seine Dozentur am Städtischen Werklehrer-Seminar in Berlin aufgeben und erhielt von den Nazi-Oberen 1936/37 dann ein endgültiges Berufsverbot als Künstler. 1955 organisierte er in Kassel die erste Documenta. Dem „Ideenfindungszirkel“ im Umkreis Bodes, der sich „Club 53“ nannte, gehörte von Anfang an auch der Kunsthistoriker Werner Haftmann (1912-1999) an, und zur Documenta III im Jahr 1964 wird neben Arnold Bode als alleinigem organisatorischen und künstlerischen Leiter Werner Haftmann als kunsthistorischer Leiter für die Thesenfindung aufgeführt. Pikanterweise wurde erst jetzt in den Medien eine Debatte darüber angestoßen, dass der NS-Verfolgte Bode sich unwissentlich ausgerechnet einen ehemaligen Nazi mit ins Documenta-Boot geholt hatte: „Haftmann, der nach dem Krieg einer der entschiedensten Befürworter der abstrakten Kunst war, sei Parteimitglied gewesen und ‘stellte sich immer als einfacher Wehrmachtssoldat dar, was nicht stimmte’, gab der am Zentralinstitut für Kunstgeschichte in München tätige Christian Fuhrmeister nun in einem Interview zu Protokoll“, schreibt „FAZnet“. Haftmanns NS-Vergangenheit sei aber schon länger bekannt gewesen: bereits 2003 habe der Frankfurter Kunsthistoriker Hans Aurenhammer darauf hingewiesen, dass Werner Haftmann „1939 von Friedrich Kriegbaum, dem Direktor des Florentiner Instituts, als linientreuer Nationalsozialist, SA-Mann und Parteianwärter angepriesen“ wurde, wie inzwischen auch im Wikipedia-Eintrag über Haftmann nachzulesen ist. Unter den 51 Kuratoren der ersten vier Documenta-Ausstellungen ließen sich laut „Die ZEIT“ insgesamt neun ehemalige Parteimitglieder ermitteln, doch bis heute tut man sich offensichtlich schwer damit, die braune Vergangenheit derjenigen, die als Kunsthistoriker zwischen 1955 und 1964 die Kasseler Großausstellung prägten, näher zu erforschen. „Es wollte niemand wissen“ lautet dazu die Schlagzeile in der „Süddeutschen Zeitung“, in der „Kunstforum“-Autor Ingo Arendt ein Interview mit Christian Fuhrmeister veröffentlichte.