Daniel Cordier starb im Alter von hundert Jahren
In Frankreich war Daniel Cordier vor allem als einer der letzten Überlebenden des Widerstands bekannt. Als solcher wurde er 2017 von Staatspräsident Emmanuel Macron mit dem höchsten Orden der Légion d’Honneur geehrt und jetzt, nach seinem Tod am 20. November 2020, im Ehrenhof der Invalides verabschiedet. In seiner Rede in Anwesenheit des nun einzigen Compagnon de la Libération, des hundertjährigen Hubert Germain, und wegen der Pandemie-Beschränkungen wenigen Trauergäste, erwähnte Macron aber auch die Liebe zur Kunst und zu allem Schönen, die Daniels Cordiers Leben nach dem zweiten Weltkrieg und seinem Engagement in der Résistance bestimmte.
Der ehemalige Freiheitskämpfer an der Seite von Jean Moulin (dem Cordier zwischen 1980 und 1990 eine mehrbändige Biographie widmete) wurde zu einem Galeristen und Sammler, dessen in die Zukunft gerichteter Blick das Publikum zwar anfangs verschreckte, sich im Lauf der Zeit aber als Maßstäbe setzend erwies. In seiner Galerie in Paris (und 1959-1963 auch in Frankfurt/Main) zeigte er als erster Franzose Werke von Louise Nevelson und von Robert Rauschenberg. Er trug wesentlich zur breiteren Kenntnisnahme französischer Künstler der siebziger Jahre bei – wie Viallat, Rouan, Le Gac und Titus Carmel. Noch vor Eröffnung des Pariser Centre Pompidou 1977 arbeitete Cordier mit am Aufbau der Sammlung. Und das Musée Moderne des CP profitiert auch am meisten von Cordiers Großzügigkeit: In mehreren Abschnitten schenkte der Sammler ihm insgesamt gut tausend Objekte, Gemälde, graphische Arbeiten, Skulpturen und Stücke aus seiner persönlichen „Wunderkammer“. In der Zusammenschau zeigt die Sammlung, die Daniel Cordier im Laufe seines langen Lebens zusammentrug, wie sehr die Kunst des 20. Jahrhunderts mit den Formen ferner Kulturen, die heute „arts premiers“ genannt werden, zusammenhängen.
Die Ausstellung, mit der das Centre Pompidou 1989 den ersten Teil der Schenkung Cordier präsentierte, umfasste mehr als fünfhundert Werke von 66 Künstlern, darunter Bissier, Wols, Dubuffet, Fahlström, Michaux, Mondrian, Rauschenberg , K.O. Götz, Bernard Schultze und Ursula. Auch Objekte damals so genannter „primitiver Kunst“ gehörten bereits dazu und unterstrichen, dass der Sammler Cordier sich von „formaler und spiritueller“ Ähnlichkeit leiten ließ. Der Untertitel der Ausstellung von 1989 lautete „Le regard d’un amateur“. Und dieser „Blick des Liebhabers“, der sich durch keine Moden und keinen festgeschriebenen Codex in seinen Entscheidungen beeinflussen ließ, blieb Daniel Cordier sein Leben lang erhalten. (AHa)