Belgien im Bruegel-Fieber
2019 ist Bruegel-Jahr. Vor 450 Jahren, am 9. September 1569, ist der Maler in Brüssel gestorben. Und die Stadt, in der er einen Großteil seines Lebens verbracht hat, will den Renaissance-Künstler ehren. Auch Flandern schließt sich den Gedenkfeiern an, beruht Bruegels Ruhm doch vor allem auf den Darstellungen bäuerlichen Lebens in Flandern und Brabant. Allerdings mussten sich Museen und Wirkungsstätten etwas einfallen lassen, denn die große Bruegel-Ausstellung fand im vergangenen Jahr im Kunsthistorischen Museum Wien statt. Dort befindet sich die größte Anzahl bruegel’scher Gemälde und in der Albertina eine beeindruckende Zahl an Bruegel-Zeichnungen (wie eine Ausstellung im Herbst 2017 zeigte). Die Königlichen Sammlungen in Brüssel, Museum und Bibliothek, können weniger Originale aufweisen, dafür aber so berühmte wie die „Landschaft mit dem Sturz des Ikarus“ oder der „Sturz der rebellierenden Engel“. Trotz dieser Publikums-Magneten hat das Museum eine „Bruegel Box“ eingerichtet, in der die Besucher Bruegels Welt virtuell betreten können (bis 31. Dezember 2019).
Offenbar ist 3-D das Stichwort, das den für die Gedenk-Veranstaltungen Verantwortlichen den Weg zu Bruegel als quasi Zeitgenossen wiesen. Die auf den Gemälden kleinen und doch so eindrucksvollen Bauern und Mägde tanzen plötzlich neben einem, die Bäume bewegen sich im Wind, die Räder drehen sich, Hämmer werden geschwungen, Enten laufen einem über die Füße. Am spektakulärsten ist das Eintauchen in die 360-Grad-Projektion im Turm des Dynastiegebäudes, am Fuß des Mont des Arts (bis Januar 2020), am Schwindel-erregendsten im Hallepoort, dem mittelalterlichen Stadttor nahe der Gare du Midi, wo man geradezu in Bruegels Landschaft zu stürzen glaubt (bis 21. Juni 2020). Ganz entspannt ist die Etappe im Freilichtmuseum Bokrijk/ Limburg, das vom flämischen Alltag um 1900 inspiriert ist. Jetzt geht der Blick noch vierhundertfünfzig Jahre weiter zurück – mit Objekten aus der Bruegel-Zeit, aber auch begehbaren 3-D-Bildern (bis 20. Oktober). Spielerische Überraschungen erwarten den Wanderer auf Bruegels Pfaden ebenfalls in Dilbeek/Brabant. Dort kann man mit „Bruegels Augen“ einen 15 km langen Weg gehen, an dem Skulpturen zeitgenössischer Künstler wie Lois Weinberger, Georges Rousse oder Guillaume Bijl stehen. Und im Dorf ist die Kirche wiederzuerkennen, die Bruegel im Hintergrund seines „Blindensturzes“ malte (bis 27. Oktober). Ganz in der Nähe, in Schloss Gaasbeek/ Brabant, wird ein „Narrenfest“ inszeniert: Bilder und Objekte von Künstlern des 20. und 21. Jahrhunderts sind in den Räumen installiert – von Ensor und Permeke, George Grosz und Otto Dix bis zu Broodthaers und Panamarenko, Jimmie Durham und Grazia Toderi (bis 28. Juli).
Für den Sommer steht also Unterhaltsames auf dem Programm, das uns mit Hilfe bewegter Bilder und 3-D-Brillen in Bruegels Welt versetzt. Im Herbst wird dann die Königliche Bibliothek in Brüssel ihre Tore öffnen und ihre Sammlung zu Ehren Bruegels erstmals in den repräsentativen Räumen im Palast von Karl von Lothringen dem Publikum zeigen (15.Oktober bis Dezember 2019). Einen Vorgeschmack auf die „Welt in Schwarz und Weiss“ gibt eine Ausstellung im Palast der Schönen Künste Bozar zur Druckgeschichte im Zeitalter Bruegels“ (bis zum 26. Mai). Bedauerlich ist nur, dass Bruegels Wohnhaus in der Hoogstraat 132, nahe der Kapellenkirche, in der der Maler begraben liegt, in dem Gedenkjahr noch immer nicht renoviert und einer würdigen Bestimmung zugeführt ist. (AHA)
Informationen zu den Bruegel-Ausstellungen 2019 unter https://www.flemishmasters.com/de/ und https://www.visitflanders.com/de/typisch-flandern/kunst-und-kultur/flamische-meister/pieter-bruegel-der-altere/die-besten-bruegel-aktivitaten/index.jsp?country=de_DE