Athen: Die unsichtbare Stadt

22. April 2017 · Museen & Institutionen

1833 legte man in Athen den Omonia-Platz an, der jedoch in den vergangenen zwanzig Jahren seine Bedeutung als zentraler Treffpunkt in der Stadt durch die Erweiterung des U-Bahn-Netzes eingebüßt hat. Für das Fast Forward Festival 4 des Onassis Cultural Centers verwandelte der Künstler Gregor Schneider vom 2. bis zum 14. Mai 2017 den Platz in einen „Ort des Schutzes, eine neutrale Zone, die vor Angreifern und dem wachsamen Auge von Google Earth gleichermaßen verborgen ist“. „Invisible City – Unsichtbare Stadt“ nennt Schneider sein Projekt, mit dem er demonstrieren will, dass „Städte anders sein könnten, wenn wir sie anders gestalten und bauen könnten“. Die militärische Tarnung, wie sie im Zweiten Weltkrieg erprobt wurde, um amerikanische Flugzeugfabriken vor japanischen Bombenangriffen zu schützen (damals nahm man dazu riesige Jutebahnen), setzt Schneider hier als Metapher für eine Überwachung, Kontrolle, Sichtbarkeit und die Akzeptanz einer Herrschaft über den öffentlichen Raum ein. Gregor Schneiders „Tarnungskunst“ versuchte das „Sichtbare und das Unsichtbare miteinander auszugleichen“ – das rekurriert auf die Beziehung zwischen dem privaten Raum, in den man sich zurückzieht und den man nach außen hin abschottet, um seine persönliche Sphäre zu schützen, und dem öffentlichem Raum, in dem man sich nicht den Überwachungskameras entziehen kann. Darin offenbart sich auch eine Diskrepanz zwischen dem Imaginären und dem Realen – immer wieder entwarfen Planer urbane Utopien; die ideale Stadt war in diesen Entwürfen immer eine Stadt für freie Bürger und eine Stadt der sicheren Versorgung, mit strategischen Vorräten für Notzeiten und mit einer Schutzzumwallung. Die heutigen Städte sind transparent – gläserne Fassaden sind ein Ausdruck dessen, aber auch die Monitore in den Leitstellen von Polizei, Feuerwehr und Verkehrsbetrieben. Über diese Monitore flimmern „vernetzte Dokumentation der Realität“, vor denen nur eine Camouflage „einen sicheren Zufluchtsort bieten“ kann, wie sie Gregor Schneider symbolisch mit der temporären „Unsichtbarkeit des historischen Platzes von oben“ exerziert.


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