Art Cologne: Taschenkontrollen und Plaza-Gestaltung

17. November 2022 · Messen & Märkte

Zwei Neuerungen fallen bei der diesjährigen Art Cologne sofort auf: Scanner-Kontrollen von Taschen wie auf dem Flughafen hatte es am Eingang seit Gründung dieser Kunstmesse 1967 noch nie gegeben – jetzt schon. Eine Maßnahme, die den jüngsten Klimaprotest-Attacken in Museen geschuldet ist. Das zweite Novum: Messeleiter Daniel Hug hat den Hallenplan neu gestaltet; die Gänge sind luftiger als früher, und auf den drei Hallenebenen laden jeweils in der Mitte großzügig angelegte Plazas zum Verweilen ein. Dort setzt z.B. ein Ensemble von drei Max Ernst-Skulpturen einen optischen Akzent (von Die Galerie, Frankfurt/Main), oder auch ein Stuhlobjekt des Künstlers Flo Kasearu. Der zeigt in der Koje der Galerie Temnikova & Kasela (Talinn) andere heterogene Objekte, darunter als Blickfang eine große dreieckige Stahlskulptur. Die Galerie präsentiert seinen Solo-Auftritt im Sektor „Neumarkt“, der für Galerien reserviert ist, die noch keine zwölf Jahre etabliert sind. Hier ist z.B. auch der Kölner Galerist Jan Kaps mit großformatiger Malerei von Melike Kara und Kenneth Bergfeld vertreten. Die Galerie „The Pit“ (Los Angeles/Palm Springs) zeigt im „Neumarkt“-Bereich Bilder von James Ulmer in „Flash“-Vinylfarbe-Malerei.- Neu ist in diesem Jahr auch die Integration der ehemaligen selbständigen Messe Cologne Fine Art & Antiques als Teil der Art Cologne. Dieses neue Segment „Art + Object“ kuratiert Sebastian Jacobi. Hatten sich in den 1990er Jahren noch manche Galeristen heftig dagegen gewehrt, auch andere Ausstellungsstücke als lediglich „freie Kunst“ ab 1900 zur Art Cologne zuzulassen, so hat heute niemand etwas dagegen, dass von der einstigen „Westdeutschen Kunstmesse“, die 2006 in Cologne Fine Art umbenannt wurde, jetzt nur noch ein kleiner Sektor mit 13 Kojen auf der Art Cologne übrig blieb. In diesem Bereich gibt es z.B. Asiatica bei Martin Schmitz (Köln) oder Altmeisterliches bei Floris van Wanroij Fine Art (Dommelen/Niederlande) zu sehen. Manche dieser Stände wirkten allerdings doch ein wenig wie ein Fremdkörper im Kontrast zu ihrer Umgebung.- Vertraut im Erscheinungsbild der Art Cologne ist längst der Sektor „Collaborations“ mit einer Kooperation zweier Galerien, etwa Guido W. Baudach (Berlin) und Gregor Pochner (Wien), die u.a. ein Konvolut mit einer Fotoperformance von Jürgen Klauke (für 95.000 Euro) und ein Öl-Temperabild von Anne Neukamp (für 24.500 Euro) ausstellen. – Die Förderkojen „New Positions“ treten mit farbkräftiger figurativer Malerei von Ivana de Vianco (bei Anita Beckers/ Galerie Kornfeld, Frankfurt/Berlin) an oder mit Skulpturen aus Stahl oder Alubond (bei Jarmusch und Partner, Berlin). Carolin Eidner stellt ein Bild mit Pigmentpaste auf Styropor und Holz bei Aurel Scheibler (Berlin) aus. Als besonderer Blickfang lockt mit einer freimütig inszenierten raumfüllenden Installation des Künstler-Trios „Pegasus Product“ die Förderkoje der Galerie Georg Nothelfer (Berlin) Publikum an. Die einzelnen Beiträge dieser „New Positions“ sind so heterogen, dass man keinen allgemein verbindlichen Zeitgeist-Trend ausmachen kann. Die Parole „Anything goes“, wie es schon in den 1990er Jahren hieß, scheint bei der jüngeren Kunst immer noch zu gelten, allerdings ist diese – was durch die veränderten Zeitumstände zu erklären ist – auf der jetzigen Art Cologne weitaus mehr marktgängig orientiert als vor 20 oder 30 Jahren. Aber die Art Cologne pflegt auch sonst in diesem Jahr das Image, in erster Linie eine solide Messe zu sein – den Ruf einer Partymesse mit viel Glamour überlässt man anderen. – Bei den Klassikern gibt es wie gewohnt auch Hochpreisiges zu bestaunen, so einen Claude Monet (für 6,5 Mill. Euro) oder einen Gerhard Richter (5,5 Mill. Euro) bei von Vertes (Zürich). Der Berliner Galerist Aeneas Bastian bietet von Joseph Beuys ein Original-Piano mit Teller und kleinem Kreisel für 5 Mill. Euro an und informiert auf einer Info-Tafel über die Gyroskopischen Plastiken mit Pianos von Beuys aus den Jahren 1964-82. Als Abnehmer wünscht sich Bastian am liebsten ein Museum, das gewährleistet, dass dieses Piano eben nicht als Musikinstrument wahrgenommen wird, sondern wie von Beuys intendiert als Skulptur: der Kreisel macht die Musik, nicht die Tastatur. – Die jüngsten Klebe-Protest-Aktionen waren am Eröffnungsabend auch Gesprächsthema auf dieser Messe. Bastian und andere befürchten, dass verschärfte Sicherheitsmaßnahmen künftig Museumsbesuche drastisch verteuern würden und dann das genaue Gegenteil bewirken als die demokratische „Kunst für alle“-Parole, die bis jetzt das Credo jeglicher Museumspädagogik ist. Fazit: die Art Cologne bietet auch diesmal nicht sehr viel Aufregendes, behauptet sich aber weiterhin mit einem breit angelegten, ausgewogenen Programm im internationalen Messekalender. Die Art Cologne läuft noch bis zum 20. November 2022. https://www.artcologne.de


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