Art Cologne: Global Player und junge Galerien
Das sonnig-warme Frühsommerwetter draußen hellte bei der Preview auch die Mienen der Aussteller und Besucher der Art Cologne in den drei Hallenebenen auf. Der Kunsthandel hat derzeit nämlich Hochkonjunktur, in einer Zeit der Niedrigzinspolitik, in der Investitionen in Sachwerte sinnvoller sind als in festverzinsliche Wertpapiere. Doch es herrscht dennoch nicht nur eitel Sonnenschein auf dem Kunstmarkt, denn vom aktuellen Boom würden ja nur wenige Galerien profitieren, erklärte der künstlerische Leiter der Art Cologne, Daniel Hug. Zudem wird seit Jahren wird immer wieder die doch recht arg spürbar begrenzte Internationalität der Kölner Kunstmesse beklagt; es könnten gerne mehr US-Galerien zur Art Cologne kommen und ebenso mehr ausländische Sammler, fordern viele Marktbeobachter. Doch Messeleiter Daniel Hug sieht trotzdem seine Zielgruppenansprache als durchaus gelungen an: die meisten ausländischen Galerien kämen doch vor allem wegen der deutschen Sammler und der deutschen Museen zur Art Cologne. Tatsächlich weist kein anderes Land außer den USA so viele wichtige kommerzielle Galerien wie Deutschland auf. Da mache es mithin Sinn, dass es solch eine große deutsche Messe mit 200 Ausstellern gäbe, meint Hug. Mit dem Galeristen David Zwirner (New York), der Neo Rauchs „Tal“-Gemälde (1999) für 1,1 Mill. Euro und eine Fotoarbeit von Wolfgang Tillmanns für 75.000 US-Dollar anbietet, hat Hug auch einen der weltweit einflussreichsten Galeristen in seinem Messeprogramm, neben anderen Global Playern wie Hauser und Wirth (Zürich, London, New York) und Thaddeus Ropac (Salzburg/Paris). Diese Top-Galerien findet man auf der mittleren Halle 11.2. unter den Ausstellern von „Contemporary Art“. In diesem Sektor trifft man auf Vertreter der etablierten Avantgarde wie Cosima von Bonin mit einer Leuchtskulptur („Smoke“, 2008) in einer 25er Auflage bei der Berliner Galerie Neu für 11.500 Euro, oder auf eine höchst originelle Zähluhr der dänischen Künstler Superflex & Jens Haaning (bei Galerie 1301 PE, Los Angeles). Diese Wandinstallation registriert die Zahl der Besucher, die an der Koje vorbei flanieren.
Daniel Hug hat diesmal den Händlern mit klassischer Moderne und Nachkriegsavantgarde eine eigene Etage im Untergeschoss 11.1. der Messehalle reserviert. Doch diese räumliche Trennung von der „Contemporary Art“ in Halle 11.2. macht eigentlich wenig Sinn, denn beide Sektoren sind doch strukturell recht eng miteinander verzahnt. In der unmittelbaren Nachbarschaft von Gerhard Richters abstraktem Gemälde „U.L.“ (1985) bei der Züricher Galerie von Vertes für 2,85 Mill. Euro und anderen hochpreisigen Klassikern trifft man auf einen Spiegel mit Einschusslöchern von Astrid Klein (für 25.000 Euro bei Galerie Haas, Zürich) oder auf ein weißes Strukturbild von Gerhard von Graevenitz (1960, für 45.000 Euro bei Edith Wahland Galerie, Stuttgart). Wo man bei Remmerth und Barth (Düsseldorf) ein Porträt von Otto Dix (1923) für 56.000 Euro erstehen kann, freut sich wenige Schritte weiter der Künstler Hartmut Neumann, dass seine Galerie Beck und Eggeling (Düsseldorf) gerade ein frisch gemaltes Bild von ihm für 50.000 Euro verkaufen konnte. Auf diesen beiden Hallenebenen, die zwei Drittel des Messeprogramms ausmachen, finden die Besucher durchweg Bewährtes und Erlesenes. Diese etablierte und als Kapitalanlage solide Kunst hat schon immer das Profil der Art Cologne als weltweit älteste Messe für Kunst ab 1900 ausgemacht. In diesem Bereich werden auch heute nach wie vor die Umsätze erwirtschaftet, die für das Image dieser Kunstmesse im internationalen Wettbewerb ein wichtiger Gradmesser sind. Ärgerlich ist in dieser Zone der Etablierten nur die höchst unsensible Platzierung einer Bodeninstallation von Richard Long direkt neben dem „Kölsch Treff“-Ausschank, als ob man diese meditative Arbeit zu einer Dekoration der Wiener Würstchen-Imbissecke herunter meucheln wollte.
Aufstrebende Galerien mit junger Kunst tummeln sich in der oberen Halle 11.3., wo sich die Berliner Szene-Galerien wie Soy Capitán (das ist nicht der Klarname eines Galeristen, sondern eine Liedzeile aus dem Evergreen „La Bamba“), PSM, Future Gallery, 401 Contemporary oder Societé versammelt haben. 12.500 Euro verlangt man bei Soy Capitán für ein großes abstraktes Bild von Henning Strassburger, und 11.500 Euro für die Lichtboxen mit Zeichnungen auf Matrizenpapier von Benja Sachau. Bei den schönen minimalistisch angelegten großformatigen Mischtechnik-Arbeiten von Jens Einhorn bei Duve (Berlin) wäre deren Präsentation an der Wand eigentlich allein schon durchaus überzeugend, doch eine Galeriemitarbeiterin erklärte, man habe durch eine zusätzliche ( und wohl kaum verkäufliche) Bodeninstallation mit Textilstoffen die Messe-Aura konterkarieren wollen.
Der gemeinnützige US-amerikanische Kunsthändlerverband NADA verantwortet den Sektor „Collaborations“ mit Zusammenstellungen von unterschiedlichen Künstlern, etwa expressiven Acrylbildern von Max Brand mit Skizzen des Malerfürsten Wilhelm von Kaulbach aus dem Jahr 1848: beide Künstler bevorzugen eine Überfülle von Motiven auf ihren Bildträgern.
Kunst zu Preisen unter 10.000 Euro hängt in den rund zwei Dutzend Förderkojen der NEW POSITIONS. Die Förderkünstlerin Molly Springfield z.B. zeigt bei Thomas Zander (Köln) konzeptuelle Grafit-Arbeiten mit Texten, und Ovidiu Anton bei Christine König (Wien) eine Videoinstallation mit Holzkisten.
Vor genau 50 Jahren, im April 2015, eröffnete Hans Mayer seine erste Galerie. Dies ist Anlass, ihm in diesem Jahr den ART COLOGNE-Preis zu verleihen, mit dem jedes Jahr ein Kunsthändler gewürdigt wird, der sich um die Vermittlung von Kunst besondere Verdienste erworben hat.
Fazit: Es gibt auf der diesjährigen Art Cologne durchweg gute Kunst zu sehen, aber nichts allzu Aufregendes. Die Messeatmosphäre ist nüchtern und geschäftig, und damit keineswegs so paradiesvogelhaft wie noch vor zwanzig Jahren. Künstler wie Aussteller treten nämlich heute eher mit businessorientiertem taktischem Kalkül und nicht mehr mit einer bacchantischen Bohème-Attitüde auf. – Die Art Cologne läuft noch bis Sonntag, 19. April 2015, 18 Uhr (an den anderen Tagen bis 19 Uhr). www.artcologne.de