Art Basel: Furioser Auftakt in Paris
von Sebastian C. Strenger
Mit Spannung und gemischten Gefühlen, auch ein wenig Besorgnis wurde die Art Basel in Paris erwartet. Denn in einem rückläufigen Markt „könnte man an eine gewisse Trübsinnigkeit glauben“, betont Clément Delépine, Direktor der Art Basel Paris, mit dem Anspruch, die weltweit wichtigste Messe für zeitgenössische Kunst in der Welt sein zu wollen. Die Bedenken ließen sich bereits im Vorfeld vor allem auch aufgrund neuester Galerie-Ansiedlungen beiseite schieben, da Paris sich mit den jüngsten Niederlassungen großer internationaler Galerien, u.a. auch durch Zürichs Blockbuster-Galerie Hauser & Wirth verstärken konnte. Mit rund 195 Galerien, also 41 mehr als im Jahr 2023, und 53 Neuaussteller*innen aus Südafrika, Saudi-Arabien, China, den Vereinigten Staaten, Japan und zahlreichen französischen Galerien gelang ein furioser Auftakt bereits am Previewtag bei 25 Grad, Sonne und ausgelassener Stimmung.
Es sollte ein Debüt der Extra-Klasse im jahrelang restaurierten und nun wiedereröffneten Grand Palais werden. Mit der Frieze als Steigbügelhalter! Warum? Während auf der eine Woche zuvor stattgefundenen Londoner Kunstmesse Frieze die B-Ware der TOP-Galerien gezeigt wurde, brillierten diese in Paris nun mit TOP-Ware. Und wie aus Branchenkreisen zu hören war, wurden zum Leidwesen der Frieze die großen Verkäufe bereits in London eingefädelt, die Ware dann aber, wie etwa Louise Bourgeois’ Spinnen-Wandskulptur am Stand von Hauser & Wirth an der Seine-Metropole gezeigt und gleich als verkauft gemeldet . In Anbetracht der vereinnahmten Millionensumme wird auch in Zukunft Großbritanniens Umsatz im internationalen Kunstbetrieb durch Steuererleichterungen und weniger bürokratischen Hürden nach dem Brexit immer mehr das Nachsehen gegenüber Ländern in der EU bekommen.
Insgesamt erzielten die Akteur*innen auf der Messe kapitale Summen mit der neuen Trägerin des Goslarer Kaiserrings, Miriam Cahn, am Stand von Meyer-Riegger und Jocelyn Wolff. Jenna Gribbon, Lisa Brice und Jeff Koons mit Tom Wesselmann am Stand von Thaddaeus Ropac, Kiki Smith, Eleonora Carrington und Leonor Fini im 100. Jubiläumsjahr des Surrealismus. Überhaupt hatten viele Galerien Leonor Fini in diesem Jahr in ihrem Messeprogramm. So verkaufte z.B. auch New Yorks trendsetzender und einflussreicher Händler Jeffrey Deitch frühe Öl-Portraits. Aber auch die ikonischen Textilarbeiten von Sheila Hicks am Stand von Rosemarie Schwarzwälder mit ihrer Galerie Nächst St. Stephan aus Wien fanden neue Sammlungen, ebenso wie die für 600.000 Euro angebotene Kochplatten-Wandskulptur von Rosemarie Trockel am Stand von Sprüth-Magers oder für 250.000 Euro die 20 x 25 cm große Leinwand The Embroiderer aus diesem Jahr der New Yorker Malerin Lisa Yuskavage.
Insgesamt spiegelt die Art Basel Paris den Trend des Marktes mit einem Übergewicht im Angebot von Frauenpositionen gleich welcher stilistischen Richtung und ist alles in allem ein Fest der Malerei. Nur außerhalb des Grand Palais zeigt sich der durch die Messe aufgestellte Skulpturen-Parcours heterogener. Neun Pariser Standorte nehmen die Dynamik der Veranstaltung auf. Carsten Höller züchtet seine Riesenpilze am Place Vendôme. Die Gärten des Palais-Royal beherbergen eine Reihe von Skulpturen – darunter solche aus Stahl des Brasilianers Amilcar de Castro. Der Innenhof des Hôtel de la Marine beherbergt eine große kinetische Skulptur des griechischen Künstlers Takis. Einen Kürbis von Yayoi Kusama gibt es in der Fußgängerzone Avenue Winston-Churchill, während Lynn Chadwicks Skulptur im Hôtel de Sully und Niki de Saint Phalles auf dem Platz vor dem Institut de France zu sehen ist.
Und wer sich noch anderweitig auf die Suche nach Angeboten in der französischen Metropole macht, dem sei die Parrallelmesse Paris Internationale empfohlen. Wie auch auf der Art Basel Paris sind dort Arbeiten von Michael E. Smith bei KOW Berlin vertreten und Raphaela Vogel mit großen Bronzen in der Schweizer Galerie von Gregor Staiger, zudem eine bewundernswerte Aussicht über Montmartre von der Panorama-Terrasse eines entkernten Art-Deco-Gebäudes.
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