ARCOmadrid schloss mit Besucher*innenrekord

Käuferansturm auf der ARCOmadrid
ein Bericht von Sebastian Strenger
Die 44. Ausgabe der internationalen Messe für zeitgenössische Kunst ARCOmadrid schloss am vergangenen Wochenende ihre Pforten und erzielte mit rund 100.000 Besucher*innen erstmals nach der Pandemie wieder eine nahezu sechsstellige Besuchermarke. Die Kunstmesse zählt damit weltweit zu den besucherstärksten Messen bei unvermindert sehr guten Verkäufen an eine international bedeutende Sammler*innenschaft in Zeiten einer seit Jahren boomenden spanischen Wirtschaft.
Dabei lockte die Arco an den ersten beiden Tagen rund 40.000 Fachbesucher*innen aus der ganzen Welt in die spanische Metropole. Mit der Teilnahme von 214 Galerien aus 36 Ländern präsentierte sich die Kunstmesse als wichtiger Treffpunkt für den Austausch und Verbindungen zwischen Europa und Lateinamerika. Neben dem mit rund einem Drittel hohen Anteil spanischer Galerien brachten auf der 38.000 Quadratmeter großen und auf zwei Hallen verteilten Ausstellungsfläche der städtischen Messegesellschaft IFEMA die Lateinamerikaner*innen ein weiteres Drittel auf die Waage, während überwiegend das deutschsprachige Ausland sowie Portugal und Frankreich das letzte Drittel füllten. Während 178 Galerien im allgemeinen Programm präsentierten, wurde auch in diesem Jahr ein Schwerpunkt gesetzt. Mit der Sektion Wametisé zeigten rund 15 Galerien Ideen für einen Futurismus der Amazonas-Region. Insgesamt bekam die Messe mit 18 neuen Galerien einen nahezu 10 prozentigen Zuwachs, wobei sich qualitativ das Feld der Galerien teilweise austauschte, so war etwa die langjährige finnische Galerie Forsblom nicht vertreten, wohl aber stieg die Anzahl der Rückkehrer im oberen Preissegment deutlich, wie etwa durch die Wiener Galerie Charim mit Arbeiten von Eva Beresin und großformatigen Polaroids von Ulay sowie Max Hetzler aus Berlin mit Albert Oehlen, André Butzer und Katharina Grosse. Wenngleich die attraktivere und weitaus größere Grosse-Arbeit (300.000 Euro) gleich nebenan bei Rosemarie Schwarzwälder von der Wiener Galerie Nächst St. Stephan hing, so konnten doch weitgehend die meisten Galerien von wichtigen Ankäufen durch Museen, Institutionen und durch bedeutende Sammlungen profitieren, wie auch Schwarzwälder die 1936 geborene Neuentdeckung des Minimalismus aus Mailand, Amalia del Ponte, mit ihren prismenhaften Acryl-Skulpturen und Zeichnungen der 1960/70er Jahre viel Interesse einbrachte.
Wichtige institutionelle Ankäufe konnten unter anderem durch das Kulturministerium und des Madrider Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofía sowie das spanische Ministerium für den ökologischen Wandel und die demografische Herausforderung (MITECO), die Fundación ARCO, durch die Gemeinde Madrid, den Stadtrat von Madrid, die Provinzregierung Andalusiens, durch Stiftungen wie die von María Cristina Masaveu Peterson oder Sorigué und die von Europas einflussreichster Sammlerin Patrizia Sandretto, das Kunstzentrum Fundación María José Jove uind Sammlungen wie die von Rucandio oder auch die Berliner Spreegold-Collection getätigt werden. Letztere erwarb auf der Messe das am meisten beachtete Objekt “White Washing” des spanischen Künstlers Eugenio Merino (*1975) am Stand der aus Barcelona stammenden ADN-Galerie. Seine Skulptur entzündete bereits wie zuvor durch Werke wie “Always Franco”, einer Wachsfigur des Diktators in einem verglasten Kühlschrank oder “Ninot” einer zur traditionellen Verbrennung nachgebildeten 8 Meter hohen Figur des aktuellen Königs die größte Kontroverse auf der diesjährigen Arco. Bei seinem aktuellen Werk handelt es sich um einen funktionalen Industrie-Geschirrspüler mit 17 hineingestellten Porzellantellern, die allesamt die Konterfeis international rechtsextremer Politiker*innen wie unter anderem Donald Trump, Elon Musk, Alice Weidel, Giorgia Meloni, Javier Milei, Marine Le Pen oder Santiago Abascal und Jair Bolsonaro zeigen. Inspiriert von der amerikanischen Tradition, Gedenkteller für politische Führer herzustellen, erscheint das Werk als Kritik am aktuellen Zustand der westlichen Demokratien, die einen reinigenden Waschgang vertragen könnten.
Zahlreiche nationale und internationale Institutionen und Unternehmen haben zudem auf der diesjährigen Arco mit Kunstpreisen Künstler*innen in besonderer Weise ausgezeichnet. So wurde die belgische Galerie Meessen mit unter anderem dem chinesischen Künstler Xie Lei mit dem Lexus Award für den besten künstlerischen Inhalt der Arco ausgezeichnet. Letztgenannter Künstler verstärkt fortan auch die Sammlung des großen portugiesischen Sammlers Armando Martens, der Ende des Monats in Lissabon seine internationale Sammlung in einem Palast am Tejo mit angeschlossenem Hotel erstmals öffentlich macht. Der 20. ARCO/BEEP-Preis für elektronische Kunst wurde an Eduardo Kac am Stand der Galerie Henrique Faria verliehen. Weitere Auszeichnungen gingen an die Künstlerinnen Monica Mays (Galerien Pedro Cera und Blue Velvet) sowie Claudia Pagès (Àngels Barcelona). Der Preis für junge Talente in der Sektion junger Galerien in Zusammenarbeit mit der Stiftung Banco Sabadell gingen an die Südafrikanerin Jeanne Gaigher (Reservoir) und Omar Castillo Alfaro (Sissi Club, Marseille). Die von Artepuntoes verliehene Auszeichnung für eine(n) spanischen Künstler*in ging an Juana González von der Madrider Galerie Espacio Mínimo mit Malerei in der Tradition Neo Rauchs. Neu bei der ARCO ist der Juana de Aizpuru Award. Die 91-jährige Galeristin und Sammlerin Juana de Aizpuru ist unter anderem mit der zuletzt verstorbenen Helga de Alvear (89) Gründerin der Arco und gab mit dem Jahreswechsel aus Altersgründen ihre Galerie im Zentrum Madrids auf. Der erstmals von der Messe für die Unterstützung der Entwicklung und Geschichte der Arco verliehene Preis ging an die 85-jährige Ursula Krinzinger als Gründerin der gleichnamigen Wiener Galerie.
Die Messe zeigte sich mit den Ergebnissen sichtlich zufrieden. Ein “weiteres Wachstum” strebe die Arco jedoch nicht an, so Messe-Direktorin Maribel Lopez, “wohl aber möchte man den Frauenanteil angebotener Kunst von derzeit etwa 38,5 Prozent auf die Parität mit männlicher Kunst in den kommenden Jahren weiter heben”. Die Bewerbungskriterien für Galerien durch ein ausgewogeneres Angebot könnten sich hierfür in den kommenden Jahren verändern. Die kommende 45. Ausgabe der Arco wird vom 4. bis 8. März 2026 stattfinden. Der kommende portugiesische Ableger der Arco wird mit der ARCOlisboa vom 29. Mai bis zum 1. Juni 2025 stattfinden.