Amsterdamer Museumskonservator lehnt Begriff „Goldenes Zeitalter“ ab
„De Gouden Eeuw“ (das goldene Zeitalter) nennt man in den Niederlanden die Epoche des 17. Jh. Seit die „Generalstaaten“ in den nördlichen Niederlanden zwischen 1581 und 1648 ihre Unabhängigkeit von den Habsburgern erkämpften, stieg das Land zwischen Groningen und Rotterdam zu einer globalen Seemacht auf und erlebte einen einzigartigen wirtschaftlichen Aufschwung. Vor allem durch die Blockade der Scheldemündung verlor Antwerpen seine politische und ökonomische Vormachtstellung an Amsterdam. „Das goldene Zeitalter“ war auch eines der kulturellen Blüte: Um 1650 leben in der Zeit von Rembrandt (1606-1669), Anthonys van Dyck (1599-1641) oder Frans Hals (1580-1666) rund 700 Maler, die in ihren Werkstätten mit ihren Gesellen jährlich 70.000 Gemälde produzierten – die Bilder der alten Meister aus Amsterdam, Leiden oder Haarlem waren ein Exportschlager in alle Welt. Tom van der Molen, Konservator am Amsterdam Museum, will in der Ausschilderung, in Katalogen und Broschüren, den Begriff „goldenes Zeitalter“ nicht mehr verwenden, denn er ignoriere „die vielen negativen Seiten wie Armut, Krieg, Zwangsarbeit und Menschenhandel“. Der liberale Ministerpräsident Mark Rutte (Volkspartij voor Vrijheid en Democratie) hält diese Maßnahme für unsinnig: er gibt zwar zu, dass das 17. Jh. „auch negative Seiten“ hatte, aber dann solle man die benennen und nicht das Etikett entfernen“. Tatsache ist: Selbst Frans Hals soll zeitlebens immer unter Geldmangel gelitten und seinen Lebensabend in einem Asylheim für mittellose Männer verbracht haben; Rembrandt indessen konnte in guten Jahren von seinen Schülern 100 Gulden jährlich an Lehrgeld verlangen. Im Vergleich zum heutigen Kunstmarkt waren die Bilder vergleichsweise billig – ein Genre- oder Landschaftsbild war schon für den Wochenlohn eines Handwerkers zu haben. Ein solcher gehörte einer Mittelschicht an, die zwar auskömmlich zurecht kam, sich den repräsentativen Lebensstil der reichen Kaufleute und Kolonialherren aber keineswegs leisten konnte; und bei den Einkommensverhältnissen der Tagelöhner, Matrosen, Soldaten und Handlanger konnte von einem goldenen Zeitalter erst nicht die Rede sein.