Al Hansen im Naturhistorischen Museum Wien

1. März 2017 · Preview

Eine Nachempfindung der prähistorischen Venus von Willendorf hat Al Hansen seit den 1960er Jahren bis zu seinem Tod 1995 in hunderten von Arbeiten variiert. Die originale Venus von Willendorf aus dem Jungpaläolithikum ist eine elf Zentimeter hohe Figurine aus Kalkstein. Ihre Datierung erfolgt auf 25.000 Jahre v. Chr. Ein Archäologe entdeckte sie 1908 beim Bau einer Eisenbahnlinie entlang der Donau in Willendorf in der Wachau, 70 km westlich von Wien. Heute wird sie im Naturhistorischen Museum von Wien aufbewahrt. Ihre tatsächliche Bedeutung ist allerdings in der Fachwelt bis heute umstritten: die frühgeschichtliche und anthropologische Forschung sah in ihr nämlich lange Zeit ein religiöses Kultobjekt mit der Bedeutung einer „Muttergöttin“ oder auch eines Fruchtbarkeitsidols. Die Körperfülle der Figur lässt sich aber durchaus ebenso als ein Ausdruck von Hunger- und Nahrungsphantasien interpretieren, wie sie in alten Mythen und Märchen häufig auftauchen als Sehnsuchtsvorstellungen in Zeiten von Nahrungsmangel und Unterernährung. Insofern verkörpert diese Venus-Figur für manche Forscher eine Idealvorstellung von weiblicher Schönheit, der in der Realität aber nur wenige Menschen entsprochen haben mochten. Andere sehen in ihr sogar lediglich ganz profan einen Vorläufer von erotischen Pin Up-Motiven, und ob die Figur als Beleg für eine matriarchalische soziale Ordnung bei den Clans der Steinzeit angenommen werden kann, ist als These ebenfalls nicht gesichert. In Al Hansens Kölner Atelier sah ich in den 1990er Jahren eine Sammlung von kleinen weiblichen Figuren als Aschenbecher, Gewürzglas oder Stil einer Zahnbürste. Al Hansen war aber nicht an der Trivialästhetik dieser Kitschobjekte aus der Alltagskultur interessiert. Bei der Venus-Figur hat ihn vor allem deren magischer Charakter fasziniert, und dieser wird in seinen eigenen Arbeiten reflektiert und fortgeschrieben, gleichzeitig aber auch durch Stanniolpapier und andere Alltagsmaterialien bewusst profanisiert. Die Ausstellung  “Al Hansen – Venus, Venus” ist vom 8. März bis zum 26. Juni 2017 im Eiszeitgang im Hochparterre des NHM – Naturhistorischen Museum Wien zu sehen Sie zeigt in Verbindung mit dem berühmten Vorbild, der Venus von Willendorf, eine Auswahl von Werken des Künstlers aus den Sammlungen des Museums Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien, der Galerie Christine König und der französischen LMV Collection.


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