30 Jahre Bananensprayer
Über die Säuberungswelle, mit der der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan nach dem gescheiterten Militärputsch sein Land überzieht, kann man manches assoziieren: Der Historiker und Militärexperte Michael Wolffsohn konstatierte in der ZDF-Talkshow mit Maybrit Illner, dass in der Türkei derzeit „eine totale Machtergreifung nach dem Lehrbuch der Geschichte“ stattfinde. Der Kölner Künstler Thomas Baumgärtel indessen sieht in Erdogan eher die türkische Variante des ordnungswütigen deutschen „Hausmeister Krause“, wie ihn der Komiker Tom Gerhatdt im Film und in einer TV-Reihe verkörpert: „In diesem Bereich ist für Ordnung und Sauberkeit Herr Erdogan verantwortlich“, informiert eine Persiflage auf Hinweisschilder. In den vergangenen Jahren sich Thomas Baumgärtel sukzessive als politischer Künstler profiliert: nach dem Terroristen-Anschlag vom Januar 2015 in Paris schuf er eine „Charlie Hebdo-Banane“ als Bekenntnis zur Freiheit des Denkens und der Freiheit der Kunst. Als Bananensprayer ist er bundesweit bekannt geworden – mit dem gesprühten Fruchtsymbol markiert er seit 30 Jahren die Wände von Museen, Galerien und anderen wichtigen Kunstorten. Das Faible für das Bananenmotiv entwickelte er während des Zivildienstes in einem katholischen Krankenhaus: um „die Ordensschwestern aus der Reserve zu locken und zu testen“ nagelte er – wohl eher aus Übermut – eine Banane an ein Holzkreuz. Die Reaktionen reichten von Gelächter bis zu Empörung und ermutigten ihn zu einem Kunststudium. In den wilden 1980er Jahren drängte es ihn von der Staffelei auf die Straße – mittlerweile befinden sich rund 4.000 Spraybananen an deutschen und internationalen Kunsthäusern. Zum 30jährigen Berufsjubiläum widmet ihm ab dem 29. September 2016 das Hagener Osthaus-Museum eine Einzelausstllung (bis 15. Januar 2017). www.osthausmuseum.de