Andreas Gursky
Zur Mittelmäßigkeit des Spätkapitalismus
Hayward Gallery 25.01. – 22.04.2018
von Edgar Schmitz
Gurskys opulente Bilder zur Wiedereröffnung der frisch – und ach so dezent – renovierten Hayward Gallery aufzufahren, macht erstmal vor allem formalen Sinn. Vom überdimensionierten, digital kollagierten Bild japanischer Stadtwelten, das im Außenraum mit der brutalistischen Architektur des Southbank-Centre kollidiert und im Innenraum dann nochmal dezenter zur näheren Inspektion verfügbar ist, bis zur miniaturartigen Strafanstalt in Illinois, in der die Kamera die zentrale Überwachungsposition des perfekten Panoptikons so einnimmt, wie Bentham und Foucault es sich immer erträumt hatten, und die im engen Treppenhaus der Hayward an die unausweichliche Brutalität von Sichtbarkeitsanordnungen gemahnt, insistiert diese Gursky-Retrospektive immer wieder auf dem Potenzial des fotografischen Bildes, als entfremdendes Portrait zu operieren.
Die Arbeiten funktionieren im Museumszusammenhang entweder als Spiegel oder als Brechungen: Nach zwei Jahren Ausstellungspause für eine Renovierung, die sich am klarsten an der Brillanz der makellosen Fußböden ablesen lässt, steigern sich Gurskys Bilder von Museumsräumen und die Hallen der Hayward gegenseitig in eine hyperreale Form von Sichtbarkeit, die in der Inszenierung selbst implodiert. Gegen sprödere Arbeiten wie den bildfüllenden Teppichboden der Kunsthalle Düsseldorf, profiliert sich dagegen nicht die formale Qualität des architektonischen Rahmens, sondern eine Bestandaufnahme institutioneller (Kultur-)Geschichte.
Zwischen den Polen mimetischer Verspieltheit und kritischer Diagnose, sind Gurskys Meditationen zu den Möglichkeitsrahmen fotografischer Bildlichkeit nicht nur im Dialog mit der Abstraktion zu verstehen (das Musterartige vieler Arbeiten ist Motiv und Instrumentarium, nicht Ziel oder Anliegen). Die Arbeiten melden vielmehr im Laufe von Gurskys Karriere immer wieder einen Anspruch…