Wim Delvoye
Eine irritierende Reise zwischen Verheissung und Kloake
Museum Tinguely
14.06. 2017 – 01.01.2018
von Dominique von Burg
Pünktlich jeden Morgen um 10.30 Uhr und jeden Nachmittag um 16.30 Uhr erhält die Cloaca, eine biochemische Anlage, die den menschlichen Verdauungsvorgang simuliert, eine Mahlzeit aus dem Bistrot des Museum Tinguely. Damit läuft die Verdauungsmaschine, und sie produziert dank Enzymen und anderen Stoffen Exkremente, die sich optisch kaum von menschlichen Fäkalien unterscheiden. Diese werden dann, in Folie eingeschweißt und in einem durchsichtigen Quader verpackt, als Kunstwerke verkauft. Die Folie trägt den Schriftzug Cloaca und erinnert an die Merda d’artista von 1961, der in Dosen abgefüllte Kot des Künstlers Piero Manzoni.
Der Apparat gleicht einer nüchternen Biochemie-Laboranlage, kombiniert mit einer Waschmaschine und scheint auch in mobiler Ausführung im Koffer Cloaca Travel Kit, 2009–10, funktionstüchtig zu sein. Nach seiner Idee gefragt, antwortet Wim Delvoye (*1965, Wervik), dass alles im modernen Leben nutzlos sei. Das wertloseste Objekt, das er noch erschaffen konnte, sei eine Maschine, die überhaupt keinen Zweck erfüllt, außer der Umwandlung von Nahrung in Exkremente. Trotz seiner jahrelangen Auseinandersetzung mit den Cloacas scheint er wohl die nicht erst seit Sigmund Freud und seinen Nachfolgern stipulierte enge Beziehung zwischen Kot und Geld als Sinnbild für die Verdrängung des Trieblebens übersehen zu haben. Dies, obwohl ihm die Metapher für eine allseitig käufliche Welt, ein großes Anliegen ist. Übrigens ist die weltweite Nachfrage nach diesen künstlichen und doch realistischen Exkrementen so immens, dass Delvoye mittlerweile eine Warteliste für Interessenten führt.
Jedenfalls stellt er in seinen Arbeiten…