Bridget Riley
Zwischen physischem Tatbestand und Wahrnehmung
Ein Gespräch mit Oliver Zybok
Seit der Ausstellung „The Responsive Eye“, die als us-amerikanische Touring Show 1965 im Museum of Modern Art in New York startete, ist Bridget Riley eine der führenden Künstlerinnen im Bereich der Op Art, eine Kunstrichtung, die sich mit geometrischen Form- und Farbelementen auseinandersetzt. Durch optisches Kalkül, Gesetzmäßigkeiten von Linien, Flächen und Farbkombinationen entwickelt die englische Künstlerin visuelle Illusionen, in denen sie das Sehen untersucht. Wie bei Paul Cézanne und Georges Seurat dient ihr der Bildraum für naturwissenschaftliche Untersuchungen. Riley überprüft die Wahrnehmung von Natur mittels Farbe und Form. Sie betont immer wieder, dass sie Natur nicht als Landschaft versteht, sondern als Zusammenspiel visueller Kräfte, die nur unter der Voraussetzung nachvollziehbar wären, wenn man Farbe und Form als autonome Einheiten begreift. Als letzte ihrer zahlreichen internationalen Auszeichnungen erhielt Riley Ende 2009 den Kaiserring der Stadt Goslar.
Oliver Zybok: Ich muss gestehen, nachdem ich das Gespräch zwischen Ihnen und Ernst H. Gombrich, einen der wichtigsten Kunstwissenschaftler des 20. Jahrhunderts, gelesen habe1, hatte ich den Eindruck, dass hier in komprimierter Form das Wesentliche zu Ihrem Werk gesagt worden ist. Insofern stellt es eine große Herausforderung dar, an gewissen inhaltlichen Schnittstellen anzusetzen, um eventuelle wichtige zusätzliche Details zu erfragen. Sie gelten ja als Hauptvertreterin der Op Art-Bewegung, einer Kunstrichtung, die sich mit den Möglichkeiten der dynamischen Licht-Farbe-Modulation beschäftigt. Sie betonen stets, dass Sie Theorien der Optik weniger interessieren als vielmehr die Gestalt der Dinge. Diese wiederum erschließen sich für Sie unter anderem durch die Betrachtung…