Zwischen Abwicklungsstress und Gründungszauber
Eindrücke von einer Reise zu Kunstvermittlungsorten im Deutschen Osten
Von Johannes Stahl
Die Zeit heilt alle Wunden. Auch wenn die Wochenzeitschrift der bürgerlichen deutschen “Intelligenzija” das für die Schrammen der ehemaligen zwei Kulturen in den Landesteilen leisten möchte und zahlreiche Ausstellungen im Wechselverfahren durch deutsche Lande transportiert werden: in der Regel sieht die Kunst aus den beiden Teilen Deutschlands sehr unterschiedlich aus.
Sie unterliegt nach wie vor im Osten auch sehr anderen Vermittlungsbedingungen, die vom Westen aus kaum zu überblicken sind, geschweige denn ihre Auswirkungen auf die Arbeiten von Künstlern. Einerseits gibt es eine seltsam flächendeckende Nivellierung, die der an Grundbedürfnissen wie Nahrung und Wohnung orientierten Versorgungskultur der ehemaligen DDR ähnelt; andererseits setzte die zentral geplante Kulturförderung mitunter künstlich anmutende Schwerpunkte. In deutlicher Analogie zu wirtschaftlichen Vorgängen ändern sich nun die Bedingungen für die Kunst im Osten. Das Wort “Abwicklung”, aus der westdeutschen Geschäftssprache stammend und im Osten mit einem nicht im gesamtdeutschen Duden vermerkten negativen Beigeschmack versehen, spielt dabei eine tragende Rolle. Ersetzt oder ersatzlos ausgetauscht wird fast alles: Überzeugungen, Museumsleiter, Finanzierungen, Sammelschwerpunkte. Ein subjektiver Eindruck, wie er anläßlich einer Rundreise entsteht, kann allerdings höchstens Stichworte geben zu einem Vorgang, der ebenso schwer einschätzbar wie kulturpolitisch brisant ist.
Potsdam: auf dem Weg zur Hauptstadt
Was vorher durch Westberlin, den großen weißen Fleck auf der DDR-Landkarte, von der alten Hauptstadt der DDR abgeschnitten war und sich westlichen Touristen nur durch kostspielige Sonderfahrten erschloß, ist jetzt plötzlich IC-Station, Landeshauptstadt und gemütlicher als das nahe Groß-Berlin: Die Stadt Potsdam hat deutlich gewonnen.
Aus naheliegenden…