AXEL HECHT
ZWERGE
HOFZWERGE
GARTENZWERGE
Einst pflegten sie Umgang mit gekrönten Häuptern. Prominente Potentaten hielten sie sich zu Belustigungszwecken. Später sank ihr Kurswert. Das gemeine Volk bemächtigte sich ihrer. Heute haben sie nur noch bürgerlichen, meist kleinbürgerlichen Verkehr. Die allseits betriebene Demokratisierung hat ihren Stand proletarisiert: Aus den Hofzwergen der Vorfahren sind die Gartenzwerge der Zeitgenossen geworden.
Das Niederrheinische Freilichtmuseum hat der Spezies der Winzlinge nun die Eröffnungsgala gewidmet. Und damit auch die gehobenen Stände etwas vom Unternehmen haben, wurde das Thema wissenschaftlich herausgeputzt. So dementiert man denn im rheinischen Grefrath nicht nur alle Varianten samt modischer Accessoires, vom buckligen Narren im Schellenkostüm bis zum zipfelmützigen Gips-Greis, man hat sogar einen seriösen Stammbaum des Zwergengeschlechts erforscht und ausgearbeitet.
Die Besitzer stattlicher Zwergenkolonien aus Vorgärten und Fensternischen mögen sich geschmeichelt fühlen durch die Ahnengalerie von internationalem Ausmaß, die seinen stummen Untermietern hier aufgeblättert ist. Angeführt wird der Stammbaum von einem aztekischen Zwerg. Ein Herr, der immerhin aus dem 14. Jahrhundert christlicher Zählung stammt. Weiter reisten zum Familientreffen an: Vertreter aus Rußland (dem zaristischen natürlich), Nordamerika und Lappland. Aus der Region der Mitternachtssonne kam ein stattlicher Fellzwerg. (Nicht gleichzusetzen mit jenen modernen Gruselgnomen, die derzeit nordische Exotik in bundesdeutsche Wohnzimmer importieren).
Selbst einen theologischen Aspekt wußte man am frömmelnden Niederrhein dem Thema abzugewinnen: Den Beweis liefert ein kompletter Zwergengarten, den Mönche eines steiermärkischen Klosters im 17. Jahrhundert fertigten.
Und auch einem profunden Mangel, dem die Zwergenforscher von Grefrath jüngst auf die Spur kamen, soll nun abgeholfen werden. Die Zwergenfrau, bislang ein unbekanntes Wesen, wurde zum Ziel einer emsigen…