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Titel: Bild und Seele · S. 108 - 112
Titel: Bild und Seele , 1989

Ralph Driever
Zweierlei Kunst!?

ÜBER DIE FOLGEN DER THERAPEUTISIERUNG DER KUNST FÜR DIE KUNST

Zu den soziokulturell auffälligsten Konsequenzen des Scheiterns politisch hochgesteckter Ambitionen der Studentenbewegung Ende der sechziger Jahre gehört, und zwar in all den damals betroffenen Ländern, der sich bereits Mitte des dann folgenden Dezenniums deutlich abzeichnende breite Rekurs auf Subjektivität. Deren nachrevolutionäre Gestalt ist nicht nur geprägt durch eine bisweilen schroffe Wendung gegen Politik und Gesellschaft, sondern zu ihren typischen Merkmalen zählt auch, daß der in ihr entwickelte Begriff von Selbstsorge vornehmlich in der Sprache der Psychotherapie formuliert worden ist. Heute gilt es schon als gewöhnlich, daß selbstbewußte Subjektivität ihre Konturen durch psychotherapeutische Lebenshilfekonzepte gewinnt. Häufiger als jemals zuvor gelten Therapieerfahrungen als weithin respektierter Maßstab dafür, wie ernst es einer mit sich und seinesgleichen meint. Das ist die nicht zuletzt auch ökologisch angereicherte Erbschaft der studentischen Rezeption einer marxistisch interpretierten Psychoanalyse, selbst wenn deren Impulse dabei kaum noch kenntlich sind. Zielte diese nämlich in dezidiert kulturkritischem Engagement auf emanzipatorische Veränderung der Gesellschaft, so folgt der nur noch mit diffusen politischen Konnotationen belegte Psychokult im Zeichen schriller gewordener planetarischer Katastrophensignale einer betont individualistischen Logik. Mag die sich lässig oder auch als grelle Bewegung geben, grundiert ist sie allemal durch Untergangsvisionen. Von daher verwundert es auch nicht, daß die psychotherapeutische Glückssuche bisweilen von hektischer Eifrigkeit geprägt ist, die an das Gedrängel bei Schlußverkäufen erinnert.

Zudem kann von der Dominanz eines Ansatzes, wie in den sechziger Jahren im Falle der Psychoanalyse, längst nicht mehr die Rede sein. Wohl aber läßt sich in der…


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