Rainer Wick
Zur Symbolik in Vostells Happening Regen
Ursprünglich für New York konzipiert (1975), wurde das Happening ‘Regen’ am Sonntag, dem 12. September 1976, in der Zeit von 11 bis 19 Uhr im Stadtgebiet von Berlin realisiert.
Der Realisation ging ein mehrstufiger Konzeptualisierungsprozeß voraus, der seinen sichtbaren Niederschlag in drei formal und inhaltlich durchaus abweichenden Partituren fand:
1. Partitur als Objektbild – New Yorker Version 1975 (Abb. 1)
2. Partitur als Objektzeichnung – Berliner Version 1976 (entworfen als Plakat für den NBK und auch als solches gedruckt) ( Abb.9, S. 140)
3. Partitur als Skript – Berliner Version 1976 (vgl. unten).
Zu 1: Die New Yorker Partitur (Abb.l) enthält neben Textinformationen nonverbales Zeichenmaterial unterschiedlichen Realitätscharakters. Formal gesehen und im Hinblick auf die Zeitdimension lassen sich drei Realitätsebenen identifizieren.
Auf der ersten Ebene tritt Realität scheinbar ungefiltert in ihrer ‘alltäglichen’ dreidimensionalen Gegenständlichkeit ins Bild -ein Brikett, eine Blechdose, ein Knochen, ein Brausegriff. Der Gegenwartsbezug scheint hier auf den ersten Blick ganz unmittelbar.
In der linken oberen Bildzone befindet sich ein an zwei Ecken mit Klebeband auf den Untergrund geheftetes SW-Foto; es bezieht sich auf einen Moment geschichtlicher Realität, transportiert und zugleich transformiert durch das Medium Fotografie (2. Realitätsebene).
Den quantitativ größten zusammenhängenden Formkomplex repräsentiert im linken unteren Bildquartil ein Stück spontaner Malerei, flüssig über die Bleistiftvorzeichnung hinwegaquarelliert, Kinzelformen nur andeutend, von morbider Farbigkeit. Dargestellt sind Figuren, die – wie es in den begleitenden Textinformationen a) – c) heißt – a) nackt in einem offenen Güterwagen unter laufenden Brausen stehen und Briketts waschen, b) das Waschwasser in Weißblechdosen füllen und c)…