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Titel: Ressource Aufmerksamkeit · von Florian Rötzer · S. 108 - 110
Titel: Ressource Aufmerksamkeit , 1999

Zur Neurowissenschaft der Aufmerksamkeit

FLORIAN RÖTZER IM GESPRÄCH MIT WOLF SINGER, DEM DIREKTOR DES MAX-PLANCK-INSTITUTS FÜR HIRNFORSCHUNG IN FRANKFURT/M.

Florian Rötzer: Für einen Organismus ist Aufmerksamkeit eine zentrale Instanz beim Management der Informationsverarbeitung. Ihre Aufgabe ist die Selektion in einem Wettstreit nicht nur der Reize, die auf das Gehirn einwirken, sondern auch derjenigen internen Areale, die sie verarbeiten. Der Gewinner im Streit um die Aufmerksamkeit setzt sich auf Kosten aller anderen durch. Nur das, worauf die Aufmerksamkeit fällt, kann auch bewusst und dann erinnert werden. Aufmerksamkeit ist die primäre Ressource der Informationsgesellschaft. Um sie einzufangen und zu halten, findet in den Medien ein Wettrüsten statt. Möglicherweise lassen sich Medien als kollektive Aufmerksamkeitssysteme für Gruppen und Gesellschaften verstehen und gehorchen sie ähnlichen Regeln wie die Aufmerksamkeit im Gehirn des einzelnen Menschen. Aber gibt es aus dem Blick der Neurowissenschaft überhaupt ein identifizierbares System der Aufmerksamkeit, und welchen biologischen Gesetzen unterliegt diese?

Wolf Singer: Es gibt ein Zentrum, das aktiviert sein muss, damit das Gehirn in einen Zustand kommt, in dem es Phänomene wie Aufmerksamkeit generieren kann. Die entsprechenden Areale liegen im Hirnstamm und lassen sich in vier Untersysteme gliedern. Das ist einmal das cholinerge System, das Acetylcholin als Überträger benutzt, dann das noradrinerge System, das Noradrenalin benutzt, das dopaminerge System, das Dopamin benutzt, und das serotonine System, das Serotonin benutzt. Diese vier Systeme zeichnen sich dadurch aus, dass sie mit ihren Axonprojektionen relativ diffus riesige Bereiche im Großhirn erreichen, so dass ein einzelnes Hirnstammneuron ein ganzes Hirnrindenareal versorgt. Die topologische Spezifizität ist allerdings relativ…

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