Karla Fohrbeck
Zum Selbstverständnis des internationalen Künstlergremiums.
Beobachtungen und Erwartungen.
Die bisherigen Referate brachten ein interessantes Spektrum dessen, was Künstler angeblich am meisten interessiert. Als Referent, der gegen Ende dieses Tages sprechen darf, und als ein Mitglied des Künstlergremiums, das eine gewisse Außenseiterposition einnimmt, empfinde ich es daher als Vorzug wie auch als Verpflichtung, die Antworten der hier anwesenden Künstler zum Tagesthema in Beziehung zu setzen zu den Erwartungen, die das Thema bei mir im Hinblick auf das kulturpolitische Selbstverständnis dieses Gremiums erweckte.
Das Thema dieser Tagung hieß “Kultur wird nicht von Kultusministern gemacht. Künstler sprechen über das, was sie am meisten interessiert”. Welch systematischer Hör- oder Sehfehler muß sich da heute eingeschlichen haben? Nicht nur, daß die meisten Tagungsreferenten das Motto dieser Veranstaltung schlicht auf die zweite Satzhälfte reduzierten und über das sprachen, was sie am meisten interessierte – offenbar ihre eigene Arbeit; auch wer sich auf die Auseinandersetzung mit der Kulturbürokratie einließ, schien die Tagungsdialektik zwischen dem Kultur- und dem Kunstbegriff auszusparen, wenn nicht zumindest zu umgehen. Auf diese Weise entstand ein scheinbar selbstverständlicher Konsens darüber, daß schließlich Kunst nicht von Kultusministerien gemacht werde und Künstler diesen Widerspruch daher auch gar nicht sonderlich ernst zu nehmen hätten.
1. Kunst und Kultur, Kunst und Kulturpolitik.
Als erstes würde ich einen entschiedenen Unterschied machen zwischen Kunst und Kultur. Die beiden Begriffe sind keineswegs deckungsgleich, und ich finde, mit beiden hätten sich Künstler auseinanderzusetzen. Als der Elfenbeinturm der Wissenschaft erstmals wieder aufgebrochen wurde, entwickelte sich die Fragestellung ähnlich. Dort hieß das Thema dann: “Wissenschaft und Gesellschaft”…