Zu Bernhard Cella/Mario Ohno
Von Michael Lingner
Muß der Kompatibilitätsgewinn künstlerischer Praxis einen Autonomieverlust bedeuten?
Beiden Künstlern, dem Österreicher Bernhard Cella (*1963) und dem in Stuttgart lebenden Mario Ohno (*1960), ist gemeinsam, daß ihre Arbeiten nicht primär für die Kunstwelt gemacht sind. Zwar sehen sie ihre Praxis ganz und gar in der Kontinuität der Kunsttradition, aber die Orte und Zusammenhänge, für welche die Arbeiten eigentlich bestimmt sind, liegen fern der auf Kunst spezialisierten Institutionen. Vielmehr werden die Arbeiten eigens für ganz bestimmte gesellschaftliche Felder und Anlässe gleichsam im Selbstauftrag produziert: Cella operiert mit seinem hier vorgestellten Projekt im Bereich der staatlichen Repräsentation, während Ohno ästhetisches Handeln für Situationen des alltäglichen Lebens entwirft.
Daß sie sich auf gesellschaftliche, außerkünstlerische (= heteronome) Gebrauchszusammenhänge einlassen, nährt nicht nur den Verdacht, daß beide Künstler mit ihren Arbeiten eine Art Anwendung freier Kunst betreiben. Vor allem trifft solche Arbeiten, die sich über das “Betriebssystem Kunst” hinaus als kompatibel erweisen, immer wieder leicht der Vorwurf, die künstlerische Autonomie und damit die wichtigste Unterscheidung zur gesamten sonstigen Produktionssphäre aufzugeben. Diese Kritik mag sich von herrschenden Vormeinungen und dem bloßen Anschein der Objekte bestätigt finden. Ob indes das Unterscheidungsschema Autonomie/Heteronomie und die daraus abgeleitete Trennung von “freier” und “angewandter” Kunst heute überhaupt noch sinnvoll sind, kann erst die aktuelle Analyse des Autonomiebegriffs erweisen.
Warum glauben wir weiter, die Autonomie der Kunst bestehe in ihrer Zweckfreiheit?
Die Entwicklung der modernen Kunst ist wesentlich vom Prozeß ihrer Autonomisierung geprägt. Durch die Entmachtung von Adel und Klerus infolge der Französischen Revolution verlor die Kunst ihre feudalen und…