Zerstörte Bilder und Hoffnungsträger
Der 86-jährige Fotograf Hermann Claasen publiziert bei DuMont seine Aufnahmen des zerstörten Köln
Man will sie wieder sehen, jene Fotografien des zerstörten Köln, die der heute 85-jährige Hermann Claasen von 1942 an mit verdeckter Kamera in seiner Heimatstadt anfertigte. Erst seit Beginn der achtziger Jahre, also seitdem Begriffe wie “Nach- und Aufrüstung” oder “atomare Bedrohung” massiv Eingang gefunden haben in das tagespolitische Vokabular, werden seine Aufnahmen wieder gewürdigt: als Zeitzeugnisse, Warnungen, vor allem aber als eigenständige fotografische Aussagen.
Die erste große museale Präsentation gab es 1983 im Rheinischen Landesmuseum Bonn (“Das Ende. Kriegszerstörungen im Rheinland”). Der Kölner DuMont-Verlag hat jetzt mit der nahezu vollständigen Publikation von Claasens “zerstörten Bildern” eine eminent wichtige fotohistorische Lücke geschlossen. Man konnte den großartigen Kölner Fotografen unlängst bei der Premiere des verdienstvollen Fotobands, “Nichts erinnert mehr an Frieden. Bilder einer zerstörten Stadt” (DuMont 1985, 44,- DM), in der Kölner Buchhandlung König persönlich erleben. Wenn Hermann Claasen auch stark gehbehindert und inzwischen fast erblindet ist, sah sich das überaus zahlreich erschienene Publikum mit etwas konfrontiert, das mit “personifizierter Courage” umschrieben werden kann.
1942 fielen die ersten Bomben auf Köln, am 8. Mai war der Krieg formal beendet. Daß “formal” hier “Deformierung” bedeutet, zeigen Claasens Bilder. Ebenso erhalten hier fatale historische Konstatierungen wie “…die Stadt … wurde vollständig zerstört” ihre dringend notwendige optische Differenzierung und Konkretisierung. Der Kölner Fotograf arbeitete unter Androhung der Todesstrafe quasi gegen das Wochenschau-Material der Nationalsozialisten an. Durch ein Beinleiden war er vom Militärdienst befreit. Jenes fatale “Vorher-Nachher” wird auf bestürzende Weise sichtbar….