Zeichnen Zur Zeit
Herausgegeben von Reinhard Ermen
Immer mal wieder, aber seltener als die Malerei oder die vielgeliebte Fotografie gerät die Zeichnung in einen diskursiven Fokus. Vor drei Jahren, als der Gedanke aufkam, der Zeichnung als einer der universalen Handlungs- und Denkweisen der Bildenden Kunst einen Themenband zu widmen, war das Interesse gerade wieder sehr stark. In der Kunsthalle Baden-Baden hatte man sie 2004 „Gegen den Strich“ gebürstet, in Düsseldorf und Hannover machte sie ein Jahr später „Tauchfahrten“ und wurde nach ihren Qualitäten in Bezug auf die Reportage befragt. Ein Berliner Symposion suchte „Räume der Zeichnung“ auf, dort hat man sich wenig später auch um „Randgänge der Zeichnung“ bemüht. Eine monumentale Publikation aus dem Hause Phaidon (New York) empfahl „Vitamin D“; – das D stand für ‚Drawing’! Ohnehin gab es ja im Kunstmuseum Bonn schon seit längerem die Reihe „Zeichnung heute“. Die Befürchtung, dass über der langen Vorbereitungszeit dieses Kunstforum-Bandes das offensichtliche Interesse erlahmen könnte, erwies sich als übertrieben. Die Zeichnung ist da, auch wenn ihr nach wie vor der Ruf anhängt eine Gattung für Connaisseure zu sein. Doch wer wird etwas gegen die Kenner haben, die im besten Falle auch Liebhaber sind?
1976, als das Kunstforum zuletzt der Zeichnung einen Themen-Band widmete, nämlich die Nummer 15, lautete die Titelformulierung noch „Funktionen der Zeichnung“. Ein ganz klein wenig von dem alten, idealistischen Dienst, innerhalb dessen sich die Gattung gestählt und selbst reflektiert hattte, steckt in dieser Überschrift und ihren ‚Funktionen’. Heute lautet die Kennung schlicht und einfach ZEICHNUNG bzw. im Spiel der Aliterationen:…