Max Glauner
Yves Netzhammer
»Das Reservat der Nachteile«
Kunstmuseum, Bern, 5.11.2010 – 27.2.2011
Die Eingangstüren zu den Paradesälen im Erdgeschoß des Kunstmuseums Bern zieren hölzerne Medusenhäupter – seelenlos-eloquentes Dekor des 19. Jahrhunderts, ein apotrophäisches Zeichen, das die Schwelle hütet. Die abgeschlagenen Gorgonenköpfe rufen zu Maß und Takt. Andererseits besetzen sie wie kaum ein anderes Bild Ängste und Abgründe menschlicher Existenz.
Sagen sie dem Besucher heute für gewöhnlich nichts, scheinen sie nun mit der Ausstellung des Schweizer Künstlers Yves Netzhammer im Erdgeschoß des 1879 eingeweihten Stettlerbaus wieder zum Sprechen gebracht: Seine Installationen, „Die Subjektivierung der Wiederholung, Projekt B“, 2007 für den Zentralbau der Kassler Karlskirche zum Begleitprogramm der documenta 12 entstanden, in Bern neu eingerichtet und „Das Reservat der Nachteile“, für die Berner Ausstellung neu geschaffen, sind eigenwillige Bühnenbilder, in denen sich das Grauen lustvoll eingenistet hat.
Ursprünglich hatte die Kuratorin für Gegenwartskunst am Berner Kunstmuseum Kathleen Bühler eine Retrospektive des 1970 in Schaffhausen geborenen, als Grafiker ausgebildeten und heute in Zürich lebenden Künstlers geplant. Netzhammer kann auf eine stattliche Zahl grafischer Arbeiten blicken, die man sicher gerne ausgestellt sähe –und geschmeckt hätte: 1999 entstanden im Auftrag der Schweizer Post Schokoladenbriefmarken. Doch wer seine site-spezifischen und häufig kollaborativ entstandenen Installationen kennen gelernt hat, versteht schnell, dass Yves Netzhammer das Ansinnen Bühlers ablehnen musste.
In Zusammenarbeit mit der Textilkünstlerin Zuzana Ponicanova, dem Regisseur Tim Zulauf und dem Musiker Bernd Schurer, der auch in Bern den Sound lieferte, entstehen seit 2000 aufwendige Installationen und Bühnenräume, die als theatralische Ausgriffe einer zeichnerischen Idee ins Räumlich-Performative, nicht wiederholt, sondern nur…