Stefan Römer
Yves Klein
»Der Sprung ins Leere«
Museum Ludwig, Köln, und Kunstsammlung NRW, Düsseldorf, 8.11.1994 – 8.1.1995
Vielleicht läßt sich Yves Kleins Signatur des Himmels doch nur auf dem Dach von Jean Tinguelys »Kopf im Walde« in der Nähe von Paris begreifen. Mit einem klassisch-avantgardistischen Streich hatte sich Klein schon lange bevor er Künstler war die himmlische Unendlichkeit angeeignet und damit seine hohen Ansprüche demonstriert. Das Bild dieser Geste – der Himmel – spiegelt sich nun in Baumwipfelhöhe in einem rechteckigen Bassin auf Tinguelys Skulptur.
Über die Bedeutung von Yves Kleins Innovationen und deren kunsthistorische Anerkennung braucht nicht mehr gestritten zu werden, weil bereits die konzertierten Ausstellungen in vier Kunstinstitutionen und die entsprechenden Kataloge den oberen Anschlag auf der Richterskala künstlerischer Anerkennung bedeuten.
Warum gerade jetzt ein scheinbar unantastbarer Star derartig gefeiert wird, könnte darauf zurückgeführt werden, daß die Kunstwelt gegenwärtig allgemein keinen Grund zum Jubeln hat. In der Wiederholung avantgardistischer Grenzüberschreitungen kristallisiert sich Kleins markante Position in der Mitte des 20. Jahrhunderts. In seinen Gemälden vereinigte er die wichtigsten Konstituentien des bürgerlichen Kunstgeschmacks: Er erhob die visuelle Attraktivität der Farbe Blau in seinen Monochromien – später auch Gold und Rosa – zum größtmöglichen Projektionsfeld räumlicher Unendlichkeitssehnsucht in den bedrückenden 50er Jahren; in Malerei, Skulptur, Theater und Musik schreckte er nicht vor absolut spektakulären, aber ebenso pathetischen Gesten zurück, die für den Individualitätskonsum nicht nur von Sammlern wie geschaffen waren, und sein unnachgiebiges Bemühen, die »Natur der Kunst« sowie ihre »kosmischen Kräfte« in den Regen und anderen Natureinflüssen überantworteten Herstellungsweisen der »Kosmogonien« zu…