Martin Blättner
Yoko Ono
“Have you seen the horizpn lately?”
Museum Villa Stuck, München, 18.6. – 20.9.1998
Ein halber Stuhl, ein halber Schuh, ein halbes Bild …: Die Installation mit dem Titel “Half-a-room” besteht aus 28 exakt halbierten und weiß bemalten Gegenständen. Als die Fluxus-Performerin Yoko Ono dieses Werk in der Londoner Lisson-Gallery 1967 aufbaute, hatte sie gerade den wohl intellektuellsten Kopf der “Beatles”, John Lennon, kennengelernt. Er schlug ihr vor, die andere unsichtbare Hälfte ihres Zimmers in leeren Gläsern zu verkaufen, nachdem sie ihn darum gebeten hatte, “ebenfalls etwas zur Ausstellung beizutragen”. Lennon etikettierte schließlich die so bezeichneten “Air-Bottles” entsprechend: “Half-a-smile”, “Half-a-mind” …
Beide Inszenierungen zusammen bilden im Obergeschoß der Villa Stuck den Auftakt zu der Rückblende einer Pop-Ikone, deren künstlerisches Schaffen in der Zeit der Ehe 1969 bis zum Tod von Lennon kaum mehr öffentlich zu sehen war. Der Medienrummel um das unzertrennliche Superstar-Paar brachte mit sich, daß die beiden offenbar nur noch als Ganzes wahrgenommen wurden. Ono, die sich davor “wie etwas Halbes” fühlte (“Meine andere Seite war leer”) beendete ihre Ausstellungstätigkeit, als Lennon (“meine andere Hälfte”) das impulsgebende Vakuum füllte. Doch abgesehen vom biographischen Hintergrund spielt im Werk selbst der dialektische Widerspruch eine große Rolle. Das betrifft nicht nur den Dialog zwischen den Geschlechtern, sondern (worauf die britische Kuratorin der Ausstellung, Chrissie Iles, zu Recht hinwies) viel grundsätzlicher einen Erkenntnisweg, der im Zen wurzelt und über den paradoxen Widerspruch einer irrationalen Logik hinaus zu einer neuen Sichtweise führt. Stets ist der Betrachter zum Mitdenken und -tun aufgefordert, selbst die…