DIETER BUCHHART
Yinka Shonibare
Die Verführung des scheinbar Authentischen
Kunsthalle Wien, Wien, 14. 5. – 5. 9. 2004
Drei Mädchen mit feinen Gamaschenschuhen spielen “Hopscotch”, auch “Tempelhüpfen” oder “Himmel und Hölle Spiel” genannt. Zwei stehen am Feldrand, eines befindet sich auf dem Feld mit der Nummer 8. Ihre viktorianischen Kleider, die aus auffälligen bunten Stoffen genäht wurden, erscheinen für das bekannte Straßenspiel ungewöhnlich fein. Szenenwechsel. Drei Männer sind zur Zeit der viktorianischen Epoche [?] mit ihren vier Hunden auf Fuchsjagd. Mit ihren markanten schwarzen Stiefeln schreiten sie nach vorne. Ihr Gewand ist wie jenes der Kinder aus sogenannten afrikanischen Stoffen mit bunten, ornamentalen Mustern gestaltet. Die realistisch nachgebildeten Hunde und der Fuchs bestehen aus bemaltem Fiberglas. Doch es sind nicht nur die äußerst bunten Kleider, die mit unserer Vorstellung der viktorianischen Zeit brechen, sondern die Akteure selbst. Den Männern wie auch den tempelhüpfenden Kindern fehlen die Köpfe. Die Schnitte am Hals sind sauber, es fließt kein Blut. Die Kleider werden von lebensgroßen Puppenkörpern getragen, deren Unterschied zu Schaufensterpuppen gering ist: es fehlen eben nur ihre Köpfe.
In den geradezu perfekten Tableaux vivants Yinka Shonibares fällt dieser kleine entscheidende Unterschied zu Anfang scheinbar nur wenig ins Gewicht. Es ist, wie der Künstler formuliert, “eine Strategie, die Dinge auf den ersten Blick völlig normal erscheinen zu lassen” . Erst langsam enthüllt sich die fast perfekte Täuschung der Oberfläche der Werke als kritischer Beitrag zur Kunstgeschichte. Okwui Enwezor sieht Shonibares Arbeiten als ein Spiel mit der Authentizität: “Verführerisch und häufig farbenprächtig macht er das Ironische und…