CLAUDIA WAHJUDI
X. Rohkunstbau
Wasserschloss, Groß Leuthen, 5.7. – 31.8.2003
Das eine ist die Landschaft. Am Ufer des Großleuthener Sees rauscht Schilf. Vor dem Schloss schaukelt ein Boot mit einem Angler über das Wasser; auf der Terrasse des Strandgasthofs hat jemand die weißen Plastikstühle schräg gegen die Tische gekippt. Der Großleuthener See liegt nördlich des Oberen Spreewalds in einem trocken gelegten Sumpfgebiet. Romantisch im kunsthistorischen Sinn sieht es hier nicht gerade aus, und doch muss die Romantik den Blick auf ländliches Gefilde so stark geprägt haben, dass in der Ausstellung “X. Rohkunstbau” einer nicht fehlen darf: Caspar David Friedrich. Der Maler Sven Drühl hat die Umrisse von Friedrichs “Eismeer”-Schollen aus zarten Neonröhren nachgebaut, die jetzt einen abgedunkelten Raum des Wasserschlosses in kaltblaues Licht tauchen. Landschaft ist nur ein Konstrukt, eine Idee.
Dem Fotografen Jan Kaila dienen die finnischen Wälder als Kreativ-Elyseum jenseits der Städte. Hier kann sich der Einsiedler Elis Sinistö vor seinen Hütten aus buntem Müll als heiliger Hieronymus inszenieren. Und Boris Mikhailov fotografierte auf einer Berliner Wiese seine nackte Frau: halb als Venus, halb als Eva. Wie nebenbei nahm er auch blasse Freiluftbadende auf, die – in Reih und Glied der Sonne zugewandt – plötzlich osteuropäisch aussehen. Eiskalte Romantik, finnische Renaissance und ukrainisches Preußen: Im 21. Jahrhundert ist die Kunst der Landschaft eine universale Sprache geworden, in der sich Zeiten, Stile und lokale Dialekte vermengen. Das ist das Eine.
Das Andere ist der Ausstellungsort. Das Wasserschloss Groß Leuthen, in dem die “Rohkunstbau” seit 1999 allsommerlich stattfindet, beherbergt Grundmauern aus dem Mittelalter, barockgetäfelte…