Martin Pesch
»Wunderkammern«
Christian Flamm, Bernd Krauß, Jonathan Meese
Frankfurter Kunstverein, 16.7. – 5.9.1999
Seitdem die grafische Gestaltung der Ankündigungen und Plakate des Frankfurter Kunstvereins von Versalien bestimmt ist, hat es das ß sehr schwer. Der durch die Rechtschreibreform ohnehin in Bedrängnis geratene Buchstabe behauptet sich jetzt aber selbstbewusst im Namen von Bernd Krauß, der zusammen mit Christian Flamm und Jonathan Meese die Ausstellung “Wunderkammern” bestreitet. Kann man von der Störrigkeit des scharfen S, seiner Fremdheit im neuen Schriftbild auf das Wesen der Krauß’schen Kunst und vielleicht auch der seiner zwei Kollegen schließen? Der Einladungstext suggeriert derartiges, hat man ihn doch mit Begriffen wie Subversion und Randstellung ausstaffiert.
Ausstaffiert sind auch die drei Ausstellungsräume, die von jeweils einem der Künstler bespielt werden. Ihre drei Arbeiten haben miteinander nichts zu tun und sind unter dem Ausstellungstitel deshalb zusammengefasst, weil es Raumarbeiten sind, bei deren Betrachten man sich des Öfteren wundernd den Kopf, die Erzhirnkammer, wie Meese sagen würde, kratzt bzw. schüttelt.
Vor dem Ausstellungsraum, den Bernd Krauß unter dem Titel “Didaktische Strenge” gestaltet hat, kräuselt sich ein in Plastik gewickeltes Papierband. Folgt man ihm ins Innere, sieht man, wie es am Boden liegend den ganzen Raum umfasst, und so eine Klammer um die zu sehende Arbeit abgibt. An den Wänden des Raumes oder an grob gezimmerten Holzrahmen, die teilweise abgeschlossene Karrees bilden, sieht man die Ergebnisse der Auseinandersetzung Krauß’ mit der medialen Bilder- und Buchstabenflut. Eine Wand ist ganz mit nachgemalten oder selbsterfundenen Anzeigenmotiven, Buchcovern und Filmplakaten bedeckt. An einer anderen hängen abgeschriebene Zeitungsartikel, die…