Renate Puvogel
Wollt Ihr das totale Leben?
»Fluxus und Agit-Pop der 60er Jahre in Aachen«
Neuer Aachener Kunstverein, 14.1. – 19.2.1995
Eine Fluxus-Ausstellung auf die Beine zu stellen, gehört zu den schwierigsten Unterfangen retrospektiver Veranstaltungen, denn die Fluxus-Kunst erfüllt sich ja gerade in weitgehend ungeplanten, improvisierten Aktionen intermediärer Art, die als augenblicksgebunden weder wiederhol- noch nachstellbar sind. Bestenfalls können Video- oder Film-aufzeichnungen eine Vorstellung von dem Verlauf geben; das Atmosphärische, das den Reiz ausmacht und neben dem Aktionistischen entscheidend dazu beiträgt, die Grenze zwischen Kunst und Leben einzureißen, geht in der Konserve verloren. Objekte fallen nur als Nebenprodukte an und selbst Nonsense-Poesie büßt, solchermaßen archiviert, viel vom Charme des mündlichen Vortrags ein.
Die Initiatoren des Aachener Fluxus-Jubiläums, Sibille Spiegel und Adam C. Oellers, haben den bestmöglichen Weg beschritten; sie haben in mühseligen Recherchen alle erreichbaren Fäden zu den Ereignissen in Aachen zwischen 1964 und 1967 geknüpft und sich damit begnügt, in der Ausstellung lediglich die Ergebnisse ihrer Nachforschungen auszubreiten. Daher bestand die Präsentation ausschließlich aus authentischen Zeugnissen von Vorbereitung, Aufbau und Verlauf der sensationellen Veranstaltung des AStA der TH Aachen am 20. Juli 1964; in einem zweiten Teil wurde anhand von Plakaten, Text- und Photodokumenten die erstaunliche Tätigkeit der avantgardistischen “Galerie Aachen” zwischen 1965 und 1967 belegt. Um sich ein wenig in die überraschenden Ereignisse einfühlen zu können, leisten die wachen und einfühlsamen Szenenphotos des Architekturstudenten Henning Wolters eine hilfreiche Vermittlerfunktion. Mit drei separaten Veranstaltungen versuchten die Verantwortlichen, die Fluxus-Idee für heutige Zuschauer neu zu aktivieren: Bazon Brock, der selbst an dem spektakulären…