Stuttgart
Wolfgang Laib
The Beginning of Something Else
Kunstmuseum Stuttgart 17.06. – 05.11.2023
von Johannes Meinhardt
Im oberirdischen Teil des Kunstmuseums Stuttgart, im Kubus, zeigt das Kunstmuseum auf allen drei Ausstellungsetagen Installationen und Arbeiten von Wolfgang Laib. Wolfgang Laib, 1950 geboren, hatte seine erste Ausstellung 1976 in Stuttgart, in der Galerie Müller-Roth; er stellte dort sechs Milchsteine aus. Im Jahr darauf, 1977, fing er an, Blütenstaub jeweils bestimmter Blumenarten zu sammeln und wie Pigment in Quadraten auf den Boden zu sieben. Und Milchsteine ebenso wie Blütenstaubfelder sind bis heute Teile seiner fortlaufenden Arbeit; sie sind auch in dieser Ausstellung im Kubus, fast fünfzig Jahre später, enthalten.
Besonders interessant an diesem Werk, das keine Entwicklung und kaum Veränderung kennt, ist, dass es die Betrachtenden einer archaischen Ästhetik aussetzt; einer Ästhetik, wie sie vor allem von Platon begründet worden ist und die bis an das Ende des Mittelalters verbindlich war, in der Spiritualität (Religion), Geometrie (Logik) und Ästhetik noch ungetrennt waren. Und so, wie in der europäischen Geistes- oder Kulturgeschichte Religion, Erkenntnistheorie und Ästhetik bis zur Renaissance nicht getrennt waren, so bis heute einerseits in der islamischen Kultur, andererseits in den indischen und ostasiatischen Kulturen (Hinduismus, Jainismus, Yoga, Buddhismus, Zen).
Der erste der drei Grundaspekte der antiken Ästhetik und der im Platonismus am stärksten artikulierte ist die Idealität geometrischer, intelligibler Grundformen. Der Kubus (Hexaeder) und die vierseitige Pyramide (Oktaeder) gehören zu den idealen Körpern, die streng gesetzmäßig und deswegen für den Verstand unmittelbar fassbar und mental konstruierbar sind. Auch dass Laib nur streng repetitive, treppenartige Zikkurat (Stufenpyramiden)…