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Ausstellungen: Bordeaux · S. 298 - 298
Ausstellungen: Bordeaux , 1987

Christoph Schenker
Wolfgang Laib

Capc Bordeaux, 12.12.1986-22.2.1987

Wolfgang Laibs Beschränkung auf ein äußerst reduziertes Vokabular macht deutlich, daß es ihm weder um Formalismus noch um eine thematische Variation geht, sondern um die in dieser Reduktion gesteigerte Intensität von Inhalt, d.h. um den Reichtum des mentalen Ereignisses einer sinnlichen Erfahrung (v. v.). Die Erfahrung eines solchen Ereignisses führt in eine Sphäre, wo die Grenze zwischen Sinnlichkeit und Spiritualität aufgehoben ist bzw. wo Wahrnehmung und Denken noch ungeschieden sind. Es ist dies das fremde Reich der Epiphanien, wie es der abendländische, diskursiv arbeitende Verstand (z.B. Kants analytische Kritik) sich gar nicht vorzustellen vermag. Daher wohl Laibs Interesse an Praktiken asiatischer Weisheit.

Laib zeigte auf dem Fensterbrett des Parterre-Raumes des capc sechs Gläser verschiedenartiger Pollen (in den oberen Räumen des Museums fand gleichzeitig eine historische Ausstellung von Minimal Art statt) und im darunterliegenden Entrepôt Laine eine große Bodenarbeit. In dieser riesigen mehrschiffigen, einem Domraum ähnelnden Halle des ehemaligen Lagerhauses für Kolonialwaren wirkte das heiß-leuchtende Goldgelb des Rechtecks (3,2 x 3,5 m) aus Haselnußpollen wie das Licht einer gleißenden Sonne. Die Installation dieses gleichsam zart und hell tönenden und schwebenden Lichtnebels im Dunkel zwischen festen und hohen Säulen erschien mir da wie die Inszenierung des »Sonnengesangs« als eines synästhetischen Ereignisses.

Es ist hinlänglich bekannt, daß Laib weder ein Natur-Künstler ist noch ein Künstler als Apostel einer parareligiösen Bewegung. Jedoch ebenso wenig zeigen seine Arbeiten Interesse, Selbstzweck innerhalb der reinen Ästhetik, Kunst für Kunst zu sein. Laibs Arbeiten legitimieren sich nicht durch die Tradition künstlerisch-formaler Problemstellungen, ihre Beweggründe liegen…


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