Michael Nungesser
Wolf Kahlen
»Bilder (k)einer Ausstellung«
Ruine der Künste, Berlin, 27.11.1994 – 22.1.1995
Seit zehn Jahren existiert in Berlin-Dahlem die Ruine der Künste. Ehemals Villa mit Garten, wurde sie vom Multimediakünstler Wolf Kahlen in ihrem kriegsbedingten Ruinenzustand belassen und durch Renovierung des Kerns zum Atelier und ästhetischen Erlebnisort umgewandelt. Als historischer Bau wie als “Ort für materielle und immaterielle Künste” besitzt die “Ruine” eine besondere Atmosphäre, in der verflossenen Dekade von Künstlern aller (Himmels-)Richtungen genutzt und zu Beginn des Jubiläumsjahres 1995 nun auch erneut von ihrem Geburtshelfer Kahlen selbst – mit Fotoarbeiten über Zeit und Zufall.
Über Zeit geht Kahlens Arbeit immer wieder. Über Zeit: das liest, eingeschrieben in Staub, der Besucher auch im transparenten Grundstein des Gebäudes – solange die Zeit noch die Zeichen der Hand freihält. Über Zeit geht vieles hinweg und hinterläßt (k)eine Spur. Die Zeit verwandelt sich ständig und ist doch nicht (be)greifbar. Nur so erklärt sich, warum die Ausstellung Bilder zeigt, die keine sind; warum die sanft aus dem Gedächtnis hochgehobene musikalische Erinnerung an “Bilder einer Ausstellung” doch das irritierende (k) enthält. Somit eben auch nicht Bilder einer (bestimmten) Zeit, sondern Spuren keiner Zeit zu sehen sind. Die Zeit häutet sich und der Mensch setzt sich ihre Masken auf – im Gedächtnis, in der Phantasie, in der Kunst. In den 1971 im geräumten Caspar David Friedrich-Saal der Hamburger Kunsthalle aufgenommenen und jetzt wieder ausgestellten Fotos sind die Bilder abwesend und nur ihre aus Licht und Staub geformten Umrisse auf den leeren Galeriewänden zu erkennen. Die Bilder haben…